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Syrien Massaker Hama, UNO: Ban und Annan fürchten ‚umfassenden Bürgerkrieg‘

VonPeter Patzow

Jun 8, 2012 #featured

Der Westen redet mal wieder mit gespaltener Zunge: Während er selbst in Massaker in Libyen mit 50.000 Toten vergangenes Jahr verstrickt ist und auch die USA mit ihrem Drohnen-Programm fast wöchentlich Dutzende Menschen beispielsweise in Pakistan und Afghanistan umbringt, darunter oftmals nicht nur Terrorverdächtige oder Terroristen, sondern auch Zivilisten, regt sich Hillary Clinton, die US-Außenministerin, über jeden einzelnen Toten in Syrien in dramatischen Statements auf. Wie jetzt wieder beim Massaker in Mazraat al-Qubeir Nähe Hama, das 78 Menschenleben kostete. Kritik am immer mehr umstrittenen US-Drohnenprogramm hört man von der Frau nie.

Dabei gibt es mehr als genug Kritik: Nämlich dass die Rechtsstaatlichkeit, auch die Akzeptanz der Souveränität von Staaten wie Pakistan auf der Strecke bleibt, wenn sich die USA weltweit das Recht nehmen mit Drohnen Menschen jeglicher Nation umzubringen.

Dabei verursacht das Drohnen-Programm der USA bislang auch schon gut 25 Prozent der Toten, die man dem syrischen Präsidenten Assad in den vergangenen 15 Monaten zuschreibt. Also rund 2.500 bis 3000 Tote durch Drohnenangriffe in rund drei Jahren – also seitdem Barack Obama, der als Friedensengel angetretene US-Präsident, die Macht hat. Noch heute wundert man sich, warum ausgerechnet er den Friedensnobelpreis verliehen bekommen hat.

Immerhin: Auch West-Medien merken im Angesicht der schrecklichen Massaker in Syrien plötzlich: Ja, Kriege kosten Tote. Nur seltsamerweise wird das Wort Massaker immer nur dann gebraucht, wenn es die Toten sind, die es in Kriegen gibt, die in nicht westlich-freundlichen Staaten zu verzeichnen sind. Angesichts von erneut 78 Toten in der Provinz Hama, die der Bürgerkrieg in Syrien forderte, wallt wieder eine künstliche Medienmaschinerie auch in Deutschland über das Land her (Beispiel:ARD Anne Will und Syrien: Kritik von Scholl-Latour an Assad lässt Kinder töten).

Assad sei ein Monster, Assad müsste eliminiert werden, liest und hört man überall. Dabei ist noch nicht einmal klar, wer das Massaker zu verantworten hat – Assad-Truppen oder Todesschwadronen der Opposition an Assad-Getreuen.

Besonnener reagiert die UNO: So warnte nun im New Yorker Stammsitz der UNO, in der berühmten General Assembly, UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon gemeinsam mit seinem Vorgänger, Kofi Annan, vor einem umfassenden Flächenbrand in der Region rund um Syrien. Es stünden schon jetzt die Alarmglocken auf Rot, dass dieser nicht mehr zu stoppen sei, wenn die UNO nicht handele. Doch eine Lösung haben sie auch nicht. Erst Recht nicht, wie das „Handeln“ aussehen könnte. Dabei geben sie offen zu: Während Libyen implodiert sei, würde Syrien und die Region, die auch traditionell Heimat zahlreicher terroristischer Untergrundorganisationen ist, explodieren.

Beunruhigt zeigen sich Ban Ki-moon und Kofi Annan vor allem wegen der erneuten Tötung von 78 Menschen in der Provinz Hama. Wieder macht die Runde das Wort von einem Massaker. Nur: Auch hier ist wieder nicht klar, wer die Täter waren. Beim weltbekannt gewordenen Massaker in Al-Houla (massacre Al Houla) bei dem 108 Menschen, darunter 32 Kinder, grausam dahingemetzelt wurden – nach mehreren Berichten handelte es sich um eine „Säuberungsaktion“ von regierungsgegnerischen Söldner- und Terrorgruppen – tappt derzeit bei dem Massaker in Mazraat al-Qubeir, in der Nähe von Hama, die UN Supervision Mission in Syria (UNSMIS) noch im Dunkeln.

Eine Untersuchung ist eingeleitet. Nur: Was bringen Untersuchungen, wenn der UN-Sicherheitsrat sich dann nicht an die Wahrheit der Ergebnisse hält und sich beispielsweise in Al-Houla bis zum heutigen Tage nicht dazu durchringen konnte, die Wahrheit der Öffentlichkeit zu präsentieren: Nämlich, dass es nicht Assad-Truppen waren, sondern dass es nach erdrückenden Belegen regierungsfeindliche Terror-Geschwader waren.

Dabei wird der Ball zwischen den Westmächten sowie Russland und China hin-und her gespielt: Der Westen wäre bereit gewesen, öffentlich zuzugeben, dass das Massaker von Al-Houla tatsächlich von Todesschwadronen der Opposition und „Freien Syrischen Armee“ zu verantworten wäre, wenn im Gegenzug Russland und China der UNO wieder freie Fahrt beim Kriegseinsatz geben würde.

Doch spätestens seit dem völlig außer Rand und Band geratenen NATO-Massenkrieg in Libyen, der 50.000 Tote forderte, die meisten durch Tausende NATO Zielraketen verursacht, hat es sich der teils größenwahnsinnig in Libyen agierende Westen mit seiner Kriegsmaschinerie NATO zu Recht in Russland und China beim Kriegführen verscherzt.

Während, wie schon im Libyen-Krieg, Ban Ki-moon der Hardliner ist, tendenziell stets auf der Seite seiner UNO-Geldgeber, als dem Westen, ist sein Vorgänger Kofi Annan moderater und auch politisch weiser. Er weiß, dass viele Kriege und Konflikte in der Welt ihren Kern in einer willkürlichen Kolonialpolitik der Europäer bis heute haben. Das Hauptproblem, auch in Syrien, sind die willkürlich gezogenen Grenzen, die keinerlei Rücksichtig auf Stammesgebiete von Territorial-Clans nahmen.

Vor Jahrzehnten waren diese Clans noch nicht so stark bewaffnet, wie heute. Doch heute können sie mit Hilfe von ausländischen Geld, teils aus dem Westen (im Gespräch sind die ehemalige syrische Kolonialmacht Frankreich, aber auch Britannien oder der US-Geheimdienst CIA), teils auch aus Arabien (Saudi-Arabien, Katar), sich militärisch aufrüsten. Und das tun sie auch.

Ihr Ziel: Die willkürlichen Ländergrenzen sprengen, die der Westen vor Jahrzehnten im Orient und Arabien, auch in Afrika, gezogen hat. Die jetzt kriegführenden Clans möchten entweder eigene Staaten gründen oder wenigstens die brutale Herrschaft von Diktatoren, die ihnen aufgezwungen wurde, wieder abschütteln und dafür selbst die Herrschaft im Land übernehmen.

Wäre der Westen ehrlich, müsste er zugegeben, dass es dabei um eine Wahl zwischen Pest und Cholera geht. Nur: Der Westen und die meisten seiner Massenmedien sind aber nicht ehrlich. Westliche Kriegsberichterstatter, Kriegsreporter und Nachrichtenagenturen sind gar nicht an einer Wahrheitsfindung mehr interessiert in Ländern wie Syrien. Ihnen geht es häufig um die mediale Inszenierung von einseitigen Grusel-Märchen. Deshalb ist es für die kritischen Bürger, die sich ein Bild von der Tragödie in Ländern wie Syrien machen möchten, immer schwieriger, einigermaßen aufrichtige Informationen zu erhalten.

Andererseits stehen West-Politiker, die vielleicht den Mut hätten, die „Wahrheit“ zu sagen, nämlich dass Assad natürlich um sein Überleben kämpft, dass die Gegner aber nicht große Kämpfer der Demokratie sind, sondern zu einem erheblichen Ausmaß aus brutalen bitterbösen Terrorschwadronen bestehen, diese Aussage aber nicht einmal öffentlich verlautbaren können. Grund: West-Politiker sind dazu verdammt, dem Mainstream-Journalismus entsprechend einigermaßen mitzuschwimmen. Wer das nicht tut, wie im vergangenen Jahr Guido Westerwelle (FDP), der deutsche Außenminister, der läuft Gefahr von den Medien abgeschlachtet zu werden.

Annan selbst sieht seinen Sechs-Punkte-Friedensplan in Syrien aber noch nicht gescheitert. Jetzt gelte es erst einmal das erneute Massaker in Syrien „aufzuklären“ Ban Ki-moon sagte dazu, man verurteile aufs schärfste diese erneute Barbarei und werde die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Nur: Die Meisten Massenmedien im Westen, auch in Deutschland, wollen nicht hören, dass mit Barbarei eben auch die Todesschwadronen der Opposition gemeint sein können. Das würde ja das Bild der rosaroten Demokratiebewegung, des Arabischen Frühlings, beschädigen.

Dabei dürfte die Aufklärung des erneuten Massakers in Mazraat al-Qubeir, in der Nähe von Hama, sowieso wieder einmal sehr schwierig werden. So wurden nach Aussagen von Ki-moon die UNO-Beobachter beschossen, als sie sich versuchten Zugang ins Gebiet zu verschaffen. Schon in Al-Houla wurden die UNO-Beobachter beim Versuch, die Täter ausfindig zu machen, daran gehindert, in die Region vorzustoßen. Die unabhängige russische Nachrichtenseite ANNA-news.info berichtete in einem sehr glaubhaft wirkenden Artikel, dass die Schüsse von Scharfschützen der Opposition stammten, denn sie war wohl in die Massaker von Al-Houla verwickelt.

Derweil sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow einmal mehr: Russland werde einer militärischen UNO-Intervention in Syrien die rote Karte zeigen und dem nicht zustimmen: „Ich kann garantieren, dass es kein solches Mandat des Sicherheitsrats geben wird.“ Richtig übel in der Kriegspropaganda entwickelt sich das einstige Aushängeschild der US-Demokratischen Partei, Hillary Clinton. Sie geht mittlerweile selbst über Leichen, wenn es ihrem Ziel dient, Diktatoren stürzen zu können. Man nennt so etwas politische Strategie.

Während bislang niemand, auch nicht die UNO, weiß, wer die Täter des erneuten Massakers in Mazraat al-Qubeir in der Nähe von Hama mit 78 Toten in Syrien sind, scheint Clinton persönlich vor Ort gewesen zu sein. Für sie steht fest: Der Schuldige ist mal wieder der syrische Präsident Bashar al-Assad. Er habe seine „Brutalität und Falschheit“ verdoppelt. Da scheint sie sich sehr gut auszukennen. Denn Hillary Clinton selbst tut mindestens das gleiche. Sie lügt die Medien immer öfters vorsätzlich an. Doch zum Lügen gehören immer zwei: Der eine der Lügt und der andere der die Lüge ungeprüft und unkritisch akzeptiert und annimmt.

Naiv mutet an, im Angesicht der umfangreichen westlichen Kriegspropaganda, dass die UNO immer noch den freien Zugang für Kriegsberichterstatter und Kriegsreporter aus dem Westen nach Syrien fordert. Assad müsste ja gepudert sein, wenn er Leute ins Land lässt, wie CNN und BBC, die ihre Objektivität schon im Libyen-Krieg in der NATO-Führungszentrale abgegeben haben.

Das gilt leider in erheblichem Ausmaß mittlerweile auch zu oft – nicht immer! – für Sendungen wie die ARD Tagesschau, die ARD Tagesthemen oder das ZDF heute Journal. Diese Sendungen waren früher wirklich einmal gute Quellen mit phantastisch guten unabhängigen Kriegsberichterstattern und Auslandskorrespondenten. Doch diese Zeiten schwinden immer mehr.

Tragisch ist, dass Assad aus Angst, die Türe für weitere Söldnergruppen zu öffnen, bislang sich weigert, Korridore für humanitäre Hilfe im Land zuzulassen, dem Roten Kreuz also Zugang in die Gebiete des Krieges und der Massaker zu gewähren. So sagte die UNO jetzt einmal mehr, sie fordere „access for humanitarian agencies to provide relief to those in need“. Hier muss Assad sich bewegen und mutig voranschreiten. Seine Sorge: Dass das Rote Kreuz sich als Schutzschild für gegnerische Todesschwadronen missbrauchen lässt und dieses letztlich wieder der Kriegspropaganda westlicher Massenmedien dienen könnte.

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