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„Mythos Fremdenlegion“: Legionär Stefan Müller erzählt über „die härteste Armee der Welt“ – die Französische Fremdenlegion

VonMaximus

Nov 10, 2015 #featured

Auf 335 Seiten schreibt Stefan Müller, heute 30, alles rund um den „Mythos Fremdenlegion. Mein Einsatz in der härtesten Armee der Welt“. Zwar gibt es viele Fremdenlegionen, doch im Buch geht es um die Französische Fremdenlegion.

Einst wurde die Französische Fremdenlegion gegründet, um unwillige Herrscher und Bewohner von Kolonialländern zu massakrieren. Heute ist ihr Einsatzgebiet immer noch regelmäßig in aus heutiger Sicht völkerrechtlich einstmals illegal von Frankreich ausgeräuberten Ländern. Zum Beispiel in Mali. Im Buch von Stefan Müller (Econ Verlag, Softcover 18,90 Euro, August 2015) geht es aber nicht um Kolonialkriege, sondern um die gegenwärtige Zeit in der Französischen Fremdenlegion.

Im Buch Mythos Fremdenlegion erfahren wir umfangreich, detailliert und durchaus jugendlich-humorvoll, wie es zugeht bei den rund 7000 dienenden Legionären der Französischen Fremdenlegion. Dabei wird im Buch deutlich: Es ist eine wild zusammengewürfelte Armee. Polen dienen darin ebenso, wie Deutsche (wohl um die 5 Prozent), Brasilianer oder desertierte US-Soldaten und Tschechen.

Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend, unterhaltend, kenntnisreich und mit dem Hang zur Perfektion geschrieben.

Spannend von der ersten bis zur letzten Seite

Schade ist, dass man erst gegen Ende – auf den Seiten 333 bis 335 – erfährt, dass die Idee zu dem Buch letztlich wohl von dem Journalisten Martin Specht kam. Er hat wohl letztlich in weiten Teilen als eine Art Ghostwriter aus den Tagebuchaufzeichnungen und Erzählungen von Stefan Müller das Buchprojekt maßgeblich vorangetrieben.

Specht kommt deshalb in dem Buch etwas zu dezent vor und man hätte ihn mindestens als Co-Autor mit aufs Cover packen können, da auch er sicherlich sehr viel Zeit in das Buch investierte. Doch sei es drum. Klar ist: Der Star ist Stefan Müller. Denn er hat all die Jahre geschuftet, gerackert, sich ein- und untergeordnet, sich detailbesessen bemüht, wichtige Erfahrungen in seinem Tagebuch aufzuschreiben, die sonst in Vergessenheit geraten wären.

Schon an dieser Stelle können wir sagen: Das Buch ist eine absolute Empfehlung und gehört zu den besten militärischen Dokumentationen der letzten Jahre.

Stefan Müller fängt in seinem Buch Mythos Fremdenlegion damit an, dass er sich in der Straßburger Dependance dieser traditionellen Militäreinheit erst einmal vorstellen musste und es dort auch mit wenig angenehmen Kumpanen zu tun hatte. Wer nicht zu den Männern gehört, die Sport und Härte mindestens auf dem Niveau des Iron Man lieben – dies wird im Buch sehr schnell klar – der sollte nicht einmal ansatzweise daran denken, ein Fremdenlegionär zu werden.

Um Worte von Müller zu nutzen, würde wohl solchen Typen in der Französischen Fremdenlegion recht schnell unangenehm der „Arsch aufgerissen“. Sprich: Bis heute scheinen Schläge in der Fremdenlegion durchaus nicht unüblich zu sein – sofern bestimmte Körperstellen ausgelassen werden. Wer also die weibliche Software-Bundeswehr kennt und schätzt, wird, das macht Stefan Müller sehr schnell deutlich, wenig glücklich bei der Fremdenlegion.

Täglicher Ausdauersport auf Iron Man-Niveau – das ist die Französische Fremdenlegion in der Ausbildung

Wer aber knallharten täglichen stundenlangen Ausdauersport sucht, das harte Männliche liebt, vor rauen und fiesen Umgangsformen nicht zurückschreckt, die soldatische Gehorsams-Gemeinschaft ebenso zu schätzen weiß und gerne in exotische Länder reist – wie Mali oder Abu Dhabi – der scheint in der Französischen Fremdenlegion gut aufgehoben zu sein. Dies liest man Seite für Seite aus dem Buch Mythos Fremdenlegion heraus.

Mindestens fünf Jahre, so Stefan Müller, müsse man sich verpflichten. Auch müsse man seinen Namen aus der Ursprungsnation ablegen, schreibt er. Da Müller selbst deutsch ist, hatte man ihm in Frankreich einen neuen Namen verpasst. In der Französischen Armee habe man ihn nur noch als Karl Mahler angesprochen. Auch habe er einen französischen Pass mit diesem Namen erhalten. Sein deutscher Ausweis sei umgehend eingezogen worden – wohl auch, um eine Dessertation zu vermeiden.

Tägliches Bügeln der Uniform

Und auch das ist sicherlich eine nicht einfache Herausforderung: Zwar muss man kein Französisch können, wenn man in die Fremdenlegion von Frankreich geht, doch die Dienstsprache dort ist Französisch. Also gelte es, so Müller, recht schnell sich Französisch beizubringen. Doch gebe es hier durchaus Sprachkurse, die man besuchen könne und auch gegebenenfalls müsse.

Als Stefan Müller zur Fremdenlegion kam war er 24. Ein jugendliches Alter also. Ein Alter, in dem man sich etwas beweisen möchte und bei der Fremdenlegion auch muss. Schnieke sieht Müller aus – auf Bildern in seinem tadellosen Soldaten-Outfit, die wir in dem Buch präsentiert bekommen.

Denn auch das gehöre dazu, schreibt er in seiner erstaunlich akribisch geschriebenen Fünf-Jahres-Replik auf die Dienstjahre in der Fremdenlegion: So müsse man von der Krawatte bis zur Uniform fast täglich alles bügeln. Denn nur wer tadellos und vorbildlich aussehe, der könne in fremden Ländern, aber auch innerhalb der Kompanie ein Vorbild sein und sich Respekt verdienen.

Legionäre sollen Vorbilder sein, sind aber doch im Ernstfall brutale Kerle

Apropos Vorbild: Das scheint manchmal schwierig gewesen zu sein während Müllers fünfjähriger Dienstzeit bei der Fremdenlegion. Als Beispiel führt er einen militärischen Aufenthalt in Mali an – da also, wo die Rebellen über Monate hin das Land destabilisierten. Hier hätte einmal seine gesamte Kompanie Durchfall gehabt – tagelang. Und das, wo es nur eine Handvoll schlechter Toiletten gegeben habe.

Doch auch noch andere Krankheiten warten in fernen Ländern auf Fremdenlegionäre. Stefan Müller selbst schreibt, dass er, obwohl er in Afrika faktisch täglich Malaria-Tabletten gegessen habe, sich doch eine seltene Malaria eingefangen habe, die tödlich hätte enden können. Bei ihm sei das mit hohem Fieber und einem schier irrsinnigen Zustand bemerkbar geworden. Ohne eine umgehende Einlieferung in ein Lazarett hätte Müller diesen Malaria-Anfall wohl kaum überleben können.

Wenig erquicklich klingt auch die Szene im reichen Wüstenstaat Abu Dhabi. Ist schon Abu Dhabi City ein architektonischer Schandfleck auf der Welt (vom Emirates Palace und der etwas trögen Strand-Promenade abgesehen), ist die Wüste im Sommer nicht nur bis über 50 Grad heiß, sondern auch eintönig. Dass das nicht immer einfach war, schildert Stefan Müller, indem er schreibt, dass er wochenlang sich dort mit französischen und amerikanischen sowie wohl eher lahmen Soldaten aus Abu Dhabi herumquälen habe müssen, ohne viel zu tun zu haben.

Am Ende wird man von der Legion ausgespuckt

Das Buch über fünf Jahre Französische Fremdenlegion von Stefan Müller ist ein exzellent gelungenes Zeitdokument über eine der mythischsten Armeen der Welt. Müller reißt einen mit ohne ins militärisch-nostalgische zu verfallen. Er macht Appetit auf eine exotische militärische und auch gefährliche Welt und schreckt einen gleichzeitig ab.

Denn letztlich liest sich alles auch ein bisschen wie ein Buch über einen jahrelangen Aufenthalt im Dschungelcamp von RTL – nur eben unter strengstem militärischem und sportlichem Drill mit dem bedingungslosen Willen, sich devot anderen unterzuordnen und sich stets darüber klar zu sein, dass es immer noch einen Herrn über einem gibt. Deutlich wird aber auch – es ist viel gefährlicher als in einem Dschungelcamp.

Es geht fast täglich ums eigene Überleben, auch das gesundheitliche Überleben. Denn Verletzungen übelster Art – vom Rücken bis hin zu allen anderen empfindlichen Körperstellen – können nicht nur während der Ausbildungszeit in der Französischen Fremdenlegion passieren. Nein: Verletzungen passieren natürlich auch im Einsatz. Zum Beispiel wenn man im Auto von einer am Straßenrand von Mali versteckten oder direkt auf der Straße vergrabenen Mine erwischt wird.

„Die meisten Veteranen saßen tagaus, tagein mit einer Flasche Rotwein in der Cafeteria“

Wer die Fremdenlegion verlasse – auch nach fünf Jahren – der werde regelrecht von ihr ausgespuckt, so Müller. Dann sei es vorbei mit Einheit, Brüderlichkeit und gegenseitigem Kampfgeist. Dann sei man alleine und müsse sehr schnell sich klar werden, wie denn das Leben nach der Fremdenlegion aussehen könne. Viele, schreibt Stefan Müller, schafften dies nicht:

„Das Veteranenheim in Puyloubier gehört zur Fremdenlegion. Die Einrichtung liegt abgeschieden neben einem Bergmassiv in der französischen Provence. Es gibt dort ein mehrstöckiges Wohngebäude mit kleinen Zimmern mit Balkon und mehrere Wirtschaftsgebäude. Zweihundert ehemalige Legionäre leben dort…. Die meisten von ihnen können allerdings nicht mehr viel machen. Deshalb werden regelmäßig aktive Legionäre dorthin abbestellt, um dort ein wenig zu helfen. Die medizinische Versorgung der Veteranen wird von qualifiziertem Personal – zum Beispiel Sanitätern – übernommen… Ich war geschockt zu sehen, wie fertig diese Leute waren. Die meisten waren über 70, es gab aber auch einige jüngere, darunter auch einige Deutsche… Die meisten Veteranen saßen tagaus, tagein mit einer Flasche Rotwein in der Cafeteria. Sie hatten niemanden mehr und wirkten auf mich einsam und verlassen. Das Veteranenheim war für sie die Endstation. Für sie hieß es wirklich ‚Legio Patria Nostra’, aber auf eine ganz schlimme Art. So wollte ich nicht enden.“

Zudem schreibt Stefan Müller:

„Fünf Jahre hatte ich in der Legion treu gedient und jetzt das: Ausgelutscht und ausgespuckt, dachte ich. Aber der Sergeant hatte recht: Ich war kein Legionär mehr. Meine Geburtsurkunde habe ich übrigens bis heute nicht zurück bekommen.“

Jetzt wohnt er in Landshut bei seiner Anna

Dennoch hat Müller den Ausstieg mit Bravour und mit Freunden in Landshut geschafft. Denn über Facebook hatte er noch zu seinen Legionärs-Zeiten eine Anna aus Landshut kennengelernt. Sie war es auch, die ihn an seinem letzten Arbeitstag von der Legion in Frankreich abholte und mit ihr ist er zu dem absoluten Gegenbild von brutalen Regionen und Menschen gezogen: Ins wunderschöne Bayerische.

Dort in Bayern machte er eine Ausbildung zu einem Personenschützer. Wo genau Stefan Müller heute arbeitet, schreibt er nicht. Doch eines ist klar: Wer einen brillanten Personenschützer braucht, einen treuen und diskreten und mutigen und verlässlichen, der hat in Stefan Müller bestimmt das perfekte Los gezogen.

Für Stefan Müller, das wird im Buch klar, bot die Französische Fremdenlegion einmalige spannende und harte Lehrjahre – auch in charakterlicher Hinsicht. Er ist, das wird deutlich, ein großer Teamplayer aber auch ein harter Knochen wenn es ums Überleben geht.

Das Buch „Mythos Fremdenlegion. Mein Einsatz in der Härtesten Armee der Welt“ erhält von uns die Bestnote. Man hätte es nicht besser dokumentieren und schreiben können. Kaufen und Lesen! Und wenn Stefan Müller mal auf Jobsuche ist: Zugreifen und bei der Bezahlung nicht knickrig sein. Denn Entbehrungen musste er während der fünf Jahre in der Legion mehr als genug erleiden. Gönnen wir ihm also jetzt ein gutes Leben und sagen ihm: Danke! Im Nachhin erklärte der Buchautor aber auch: Nochmal würde er nicht mehr in die Französische Fremdenlegion gehen. Fünf Jahre scheinen wirklich genug gewesen zu sein.

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Von Maximus

Ein Gedanke zu „„Mythos Fremdenlegion“: Legionär Stefan Müller erzählt über „die härteste Armee der Welt“ – die Französische Fremdenlegion“
  1. Werte Damen und Herren

    Es mag sein , dass Müller in vielen Punkten recht hat im Buch , aber es ist NICHT wahr , dass man ausgespuckt wird nach 5 Jahren ! Jeder kann 2,3 oder noch mals 5 Jahre verlängern. Frankreich und die Legion gibt ab 3 Verträgen eine Lebenslange Rente !Es wird zu jedem Legionär geschaut ! Roman 10 Jahre 2ème Rep

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