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Wie Nachrichtenagentur AFP Iran der Kamikaze-Drohne bezichtigt

VonPeter Patzow

Sep 29, 2013 #featured

Kaum kommt der Atombombenstreit zwischen den USA und dem Iran vom politischen Parkett, droht der nächste Ärger: Die Iranische Armee habe nun erstmals, behauptet unter anderem die Nachrichtenagentur AFP (Agence France-Presse), neue iranische Drohnen präsentiert. Dabei handele es sich um iranische Aufklärungsdrohnen und Kriegsdrohnen, welche auch der Westen umfangreich einsetzt. Seltsam: Während AFP in Bezug auf westliche Drohnen nicht das Wort „Kamikaze-Drohne“ anwendet, wird die iranische Drohne mit einem solchen Namen diffamiert.

Dabei ist nicht klar: Bezeichnet tatsächlich die iranische Führung ihre Kriegsdrohne offiziell als Kamikaze-Drohne (kamikaze drone) oder betätigt sich AFP mal wieder als westliches Kriegspropaganda-Mittel? Jedenfalls ist der Einfluss von AFP so groß, dass von englischen über französischen, deutschen bis hin zu arabischen Medien die Titulierung der angeblichen iranischen „Kamikaze-Drohne“ übernommen wurde. welt.de, benutzt das Wort „Kamikaze“ sogar in Anlehnung an die weltweit verbreitete Nachrichtenagentur afp als Onlineschlagzeile zum Artikel „Teheran prahlt mit ‚Kamikaze-Drohne'“. Mit ähnlichem unseriösen Tenor überzieht mal wieder die Boulevardausgabe des Magazins Fokus, focus-online, die Republik: „Iran entwickelt tödliche Kamikaze-Drohne“, heißt der Artikel.

Doch als relativ sicher gilt bislang nur so viel: Der Iran scheint nun offiziell in die unbemannte Flugzeugtechnologie einzusteigen. Allerdings gibt es dazu noch nicht einmal auf der auch in deutscher Sprache angebotenen Webseite des neuen iranischen Präsidenten, eine Stellungnahme (Stand: 29. September 2013, 13 Uhr; Quelle: http://www.president.ir/de/).

Bekannt ist bislang: Angeblich habe der Iran seine Drohne mit Technik ausgestatt, oder Technik nachgebaut, welche man im am 4. Dezember 2011 in der abgefangenen US-Drohne „ScanEagle“ gefunden habe, heißt es. Konkret habe es sich um das unmanned aerial vehicle (UAV) Lockheed Martin RQ-170 Sentinel gehandelt. Mittels cyberwarfare habe man diese US-Drohne über iranischem Hoheitsgebiet in der Nähe der iranischen Stadt Kashmar im Nordosten des Irans vom Himmel dirigiert und anschließend die Technik ausgeschlachtet.

Wirklich übel nehmen kann man dem Iran es nicht, wenn das große islamische Land nun auch auf Drohnenkriege setzt. Immerhin führen die USA und Israel seit bald zehn Jahren teils grausam vor, wie teuflisch und hinterhältig Drohnen Kriege führen können.

Problematisch ist, dass der neue iranische Präsident Hassan Rohani angeblich kürzlich in seiner Rede vor der UNO in New York erklärt habe (verifizieren konnten wir das nicht), wonach er gegen Angriffe mittels unbemannter Flugzeuge – also Drohnen – sei, da diese Technik zu viele Unschuldige das Leben koste.

Immerhin stehen die USA im Verdacht – und das dokumentieren, soweit es überhaupt nachvollziehbar ist, auch US-Blogs – über 10.000 Menschen in den vergangenen Jahren mit Drohnen umgebracht zu haben – im Irak, im Sudan, Pakistan, Afghanistan, Jemen und einigen anderen Ländern.

Die US-Regierung verteidigt ihre Drohnenangriffe damit, wonach man sich im Krieg gegen den Terror befinde. Dennoch gerät die US-Regierung unter Präsident Barack Obama (Demokraten) hier zunehmend in rechtliche Konflikte – sowohl international wie national. Denn das staatlich-militärisch angeordnete Morden mit Drohnen durch die USA hört auch vor eigen US-Bürgern oder Deutschen nicht auf. Auch Israel bringt mit Drohnen Palästinenser um.

Ob US-Präsident Barack Obama davon wusste, dass der Iran eigene Drohnen kurz vorm Start hat, als er an diesem Freitag erstmals seit 1979 mit dem neuen iranischen Regierungschef telefonierte, ist nicht bekannt.

200 oder 1700 Kilometer Drohnen-Reichweite im Iran?

Angeblich würde die iranische Militärführung nun, heißt es jedenfalls, über die neue Langstreckendrohne „Schaded 129“ verfügen. Das unbemannte Fluggerät aus dem Iran mit dem angeblichen Namen „Jassir“ verfüge angeblich über eine Flughöhe von gut 4,5 Kilometern (obwohl bei Drohnen üblicherweise in Höhen zwischen 10 bis 12 Kilometern geflogen wird). Die Reichweite liege für die iranische Drohne „Jassir“ angeblich bei rund 200 Kilometern. Ihre Einsatzdauer bewege sich in einem Zeithorizont von bis zu acht Stunden.

Angeblich wolle aber das iranische Militär zumindest die Aufklärungsdrohne nicht für Kriegsmanöver einsetzen, sondern primär für zivile Sachgebiete. Hierzu gehörten Naturkatastrophen oder die Verkehrsüberwachung.

Ergänzend zur Überwachungsdrohne, beziehungsweise der neuen iranischen Aufklärungsdrohne, verfüge der Iran nun aber auch – wie viele andere Länder – über eine Kriegsdrohne, die westliche Medien – allen voran die weltweit verbreite französische Nachrichtenagentur AFP schon einmal als „Kamikaze-Drohne“ diffamieren, ganz so, als seien Drohnen, die keine westlichen Länder einsetzen, per se schon einmal reine Kamikaze.

Jedenfalls heiße die neue Kriegsdrohne des Iran offiziell wohl „Raad 85“, beziehungsweise „Ra’ad 85“. Der Begriff Kamikaze stammt aus dem Vokabular des Zweiten Weltkrieges. Damals setze die japanische Regierung Kamikaze-Flugzeuge ein – das waren Flieger, die todesmutig sich zur Erde stürzen ließen, um oftmals in letzter Sekunde wieder abzudrehen, um eine Kollision mit der Erde zu vermeiden.

Als weitere angebliche neue iranische Drohne wird die Langstreckendrohne „Schaded 129“ ins Gespräch gebracht. Sie verfüge angeblich über eine Reichweite von 1700 Kilometern und solle das iranische Grenzgebiet sichern helfen.

Offiziell ist bislang von iranischer Seite lediglich bekannt, dass Army Ground Force Brigadier General Ahmad Reza Pourdastan gesagt hat, wonach „wir heute uns einer neuen Bedrohung ausgesetzt sehen und deshalb sollten wir neue Möglichkeiten ins Auge fassen, wie wir uns gegen potentielle Bedrohungen wehren können“.

Die offiziell bekannte Mitteilung der iranischen Führung kann hier nachgelesen werden und zwar auf der Homepage der „Iranian Students‘ News Agency – ISNA“: http://www.isna.ir/en/news/92070603600/Iran-unveils-new-drone

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Ein Gedanke zu „Wie Nachrichtenagentur AFP Iran der Kamikaze-Drohne bezichtigt“
  1. Iran verfügt bereits seit etlichen Jahren über Drohnen. Hier zum Beispiel gibt es ein von einer iranischen Drohne im Jahr 2006 aufgenommenes Video:

    http://www.youtube.com/watch?v=ERn75VRlc-o

    Allmählich verbessert der Iran seine Fertigkeiten im Drohnenbau. Die Technik, die anfangs eher an Spielzeug-Modellflugzeuge erinnerte, wird immer ausgeklügelter und leistungsfähiger, und sie wird mit unterschiedlichen Drohnen besser angepasst an die jeweilige Aufgabenstellung.

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