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Reallöhne seien in Deutschland seit 2008 um jährlich 1,2 Prozent gestiegen sagt Institut

Ein Arbeitgeber-Institut sieht einen Reallohnzuwachs seit 2000. (Bild: pixabay.com | CC0 Creative Commons)

Ein Arbeitgeber-Institut sieht einen Reallohnzuwachs seit 2000. (Bild: pixabay.com | CC0 Creative Commons)

Wie es mit Studien so ist: Wachstum oder Rückgang sind immer eine Frage der Perspektive und Relativität.

Das dürfte einmal mehr auf eine Aussage des arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln gelten.

Demnach seien seit der Finanzkrise die Reallöhne in Deutschland zumindest jener Beschäftigtengruppen, welche in Gewerkschaften organisiert sind, real um 1,2 Prozent jährlich gestiegen – nach Abzug der Inflation. (1)

Die globale Finanzkrise war 2008 durch die USA und dort durch mangelnd regulierte Börsen, Investmentbanker, Hedgefondsmanager, Banken und Versicherungen ausgelöst worden. Die Auswirkungen der Finanzkrise sind bis heute weltweit zu spüren.

Trotz der vom IW errechneten Anstiege der Reallöhne in Deutschland gilt:

Millionen Menschen, beispielsweise Beschäftigte im Internet, in Start-Ups, sind in der Regel gar nicht gemeinschaftlich in Gewerkschaften organisiert. Für sie kann also angenommen werden, dass die Aussagen des Institut der deutschen Wirtschaft mit Vorsicht zu genießen sind.

Gerade in jungen Internet-Unternehmen gibt es häufig nur noch 24 Urlaubstage im Jahr, keine Betriebsrenten und erst Recht keine regelmäßigen Gehaltserhöhungen auf Grund von Inflationsausgleich.

Doch es gibt auch dort Ausnahmen: Ein großes Karlsruher Portal bietet beispielsweise ihren Führungskräften die Option, jährlich für die Team- oder Bereichs-Mitarbeiter einen Inflations- und Kostenausgleich in der Höhe von bis zu 4 Prozent zu beantragen. Lässt es der Jahresgewinn zu, wird dieser Inflationsausgleich gewährt.

Internet-Unternehmen und Start-Ups unterliegen häufig keinen Tarifbindungen, fallen oft aus der Statistik

Die Höhe der gewährten Gehaltsanhebungen darf aber bei dem Internetportal in der Regel nicht den 2 Prozent-Durchschnittswert übersteigen.

Das bedeutet: Bekommt ein Mitarbeiter in diesem Internet-Unternehmen beispielsweise auf Grund nur durchschnittlicher Jahresleistungen keinen Inflationsausgleich, kann ein anderer, der besonders gute Leistungen erzielte, 3 Prozent oder mehr erhalten.

Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet jedenfalls vor, wonach die Löhne und Gehälter zwischen 2008 bis 2016 zumindest in jenen Branchen, welche über Tarifverträge und Gewerkschaften geregelt werden, jährlich im Schnitt um 2,7 Prozent gestiegen seien. (1f)

Davon seien nach Abzug der Inflation, also der Preissteigerungen, im Schnitt 1,2 Prozent mehr Lohn übrig geblieben.

Seit 2000, dem Zeitraum der Euro-Einführung, seien entsprechend die Bruttolöhne der gewerkschaftlich über Tarifverträge organisierten Angestellten und Arbeiter um 39 Prozent gestiegen. Dies wäre ein jährlicher Verdienst-Zuwachs von 2,3 Prozent.

Etwas windige Argumentation des Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Etwas windig wird die Argumentation des Institut der deutschen Wirtschaft Köln, wonach angeblich die Kosten nur um 26 Prozent im Untersuchungszeitraum zugelegt hätten. Dies wäre ein jährlicher Anstieg um nur 1,5 Prozent. (1ff)

Doch schaut man sich die Realität vieler Haushalte an, so können diese andere Rechnungen aufmachen:

Alleine uns vorliegende private Krankenversicherungen (PKV) und Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GEZ) sind seit 2000 um bis zu 100 Prozent gestiegen.

Ähnlich sieht es mit den Mieten aus:

Uns liegt ein Mietvertrag aus Berlin Prenzlauer Berg, Kopenhagener Str., vor: In diesem Beispiel betrug die Nettokaltmiete 2003 noch 335 Euro. Heute, 2017, liegt die Kaltmiete bereits bei 485 Euro. Das entspricht einem Mietpreisanstieg von 45 Prozent – trotz Berliner Mietpreisbremse.

Berücksichtigt man die Warmmiete sieht das ähnlich aus: Diese lag 2003 bei 395 Euro. Heute beträgt sie 584 Euro – ein Anstieg von 49 Prozent.

Warenkorb des Statistischen Bundesamtes ist umstritten

Auch ist der Warenkorb des Statistischen Bundesamtes (2) als durchaus politisch umstrittener Index zu sehen. Grund:

Die Produkte des täglichen Lebens werden hier weniger stark gewichtet, so dass der Durchschnitt durchaus verzerrend ist. Hinzu kommt, dass es ein Bundesdurchschnitt ist. So lassen sich die Preisanstiege beispielsweise in Städten weniger herauslesen.

Zudem: Ob Butter (vgl. auch 3) oder Brot – hier haben sich die Preise seit 2000 mindestens verdoppelt, sind also um 100 Prozent und mehr gestiegen.

Einzelnachweise

(1, 1f, 1ff) Reallöhne ziehen seit Finanzkrise an, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, faz.net vom 10.10.2017. Abgerufen am 10.10.2017.

(2) Fast zehn Jahre Euro – Preisentwicklung vor und nach der Bargeldumstellung, von Statistisches Bundesamt vom Dezember 2011.

(3) Rohstoffwert Milch (4,0 % Fett), ife Institut für Ernährungswirtschaft, Kiel vom 04.09.2017. Abgerufen am 10.10.2017.

Bild: pixapay.com | CC0 Creative Commons

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