Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat die Aufgabe, internationale Kriegsverbrechen zumindest in jenen Ländern aufzuklären, welche sich dem Strafgerichtshof angeschlossen haben. Das sind bislang vor allem einige europäische Länder. Nicht aber beispielsweise die USA oder Russland.
Auch immer mehr afrikanische Länder wenden sich vom Internationalen Strafgerichtshof ab, da sie keine externe Einmischung in ihre inneren politischen Angelegenheiten wünschen und Den Haag willkürliche Parteilichkeit vorwerfen.
Jetzt kann der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag aber mal wieder einen Erfolg vermelden: so wurde ein für den Krieg auf dem Balkan zuständiger Militärführer zu lebenslanger Haft verurteilt:
Ratko Mladic.
Allerdings ist das Urteil umstritten: Während es von Bosnien Herzegowina bejubelt wird, kritisieren Serben das Urteil als falsch. So sei der Ex-General ein Held, welcher Serbien (1) geholfen habe, 1992 endlich selbständig zu werden.
Auch der Verurteilte selber, Ex-General Ratko Mladic, hält den ganzen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gegen ihn für eine Farce und bezeichnete die Anschuldigungen als „Lüge“.
Dennoch sagten die zuständigen Richter in Den Haag man verurteile den 75-Jährigen wegen des Vorwurfs des „Völkermord“ zu lebenslanger Haft und glaube hierfür genügend Beweise gesammelt zu haben.
Völkermord gilt als Kriegsverbrechen. Wie immer stellt sich jedoch die Frage nach der Definition der Siegermächte. Sie diktieren nämlich, ab wann etwas als Völkermord und damit als Kriegsverbrechen bezeichnet wird und ab wann nicht.
Beispielsweise schlachtete Frankreich in den 1950er Jahren im Algerienkrieg in seiner ehemaligen Kolonie Algerien über 300.000 Algerier ab, die nach Freiheit strebten.
Den Haag hat aber Frankreich deshalb bis heute keinen Prozess dazu gemacht, obwohl noch einige der damaligen Täter in Frankreich leben dürften.
Neben Mladic werden in Den Haag weitere Ex-Militärs aus Serbien angeklagt. Auch ihnen drohen langjährige Haftstrafen.
Ob Den Haag hier aber wirklich jeweils ausreichend Beweise hat oder ob Urteile nicht auch politisch motiviert sind, was man dem Internationalen Strafgerichtshof ebenfalls vorwirft, ist für Außenstehende kaum zu beurteilen.
In Serbien selber stößt das Urteil gegen den Ex-General auf Kritik. So berichteten beispielsweise das „Ökumenische TV“ (Васељенска ТВ) oder novosti.rs, dass sich in Belgrad Dutzende Menschen zu einer Kundgebung versammelt hätten und das Urteil des Den Haager Tribunals ablehnten. (2)
Organisiert wurde die Demonstration auf dem Platz der Republik von Mitgliedern der Bewegung Dveri Bosko Obradovic, Marija Janjušević und Srdjan Nogo, ebenso der Organisation Serbian Action.
Nicht zufällig demonstrierten die Mladic-Anhänger vor einem Denkmal des serbischen Prinzen Mihailo. Die Demonstranten skandierten, der Ex-General Ratko Mladic sei „kein Verbrecher, sondern ein Held“. Er habe dazu beigetragen, dass es in Serbien keinen dritten Völkermord an Serben im 20. Jahrhundert gegeben habe, so Obradovic.
Deshalb sei auch das Urteil gegen den serbischen Ex-Präsidenten Radovan Karadzic falsch, der ebenfalls wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen zu 40 Jahren Haft vom Haager Tribunal verurteilt worden war.
Beide, sowohl Ratko Mladic also auch Radovan Karadzic seien, monieren Kritiker, in Serbien Helden, da sie die Gründer der Serbischen Rebpublik seien. Dies solle man endlich respektieren. Deshalb sei der Vorwurf, die Serben hätten an den Bosniern einen Völkermord begangen, falsch.
General Ratko Mladic war der ehemalige serbische Befehlshaber der Armee der Republik. Ihm wird vor allem das „Massaker von Srebrenica“ und ein „Massaker an Muslimen und Kroaten“ vorgeworfen. Diese militärischen Operationen in den 1990er Jahren hatten in der EU zu massiven Protesten geführt und schließlich zum Eintritt der EU und NATO in den Krieg zwischen Serbien und Bosnien und Herzegowina. (3)
Den Haag sieht aber weniger einen Krieg zwischen Serbien und Bosnien, sondern einen zwischen den Jahren 1992 bis 1995 begangenen Völkermord an „einigen Tausend Muslimen und Kroaten in ganz Bosnien und Herzegowina“.
Zudem seien damals Zivilisten terrorisiert worden. Als Beispiel wird die Beschießung von Sarajevo genannt, sowie die Geiselnahme von „Blauhelmen“, welche die UNO als Friedensbeauftragte zu den Kriegsparteien geschickt hatte.
In einem Kommentar auf novosti.rs schrieb der Leser Miki:
„Alle, die General Ratko Mladic verurteilen, sollten sich nur an die Verbrechen muslimischer Extremisten gegen die nackten jungen Soldaten des noch existierenden Jugoslawiens auf den Straßen von Sarajevo und Tuzla erinnern. Sollten daran erinnert werden, dass es vorher keine Kämpfe oder Verbrechen des serbischen Volkes in Bosnien und Herzegowina gab. Diese Aktion wurde den Serben klar gemacht, dass sie aus Bosnien und Herzegowina verschwinden sollten, sobald sie aus Kroatien verschwunden sind. Mladics größtes ;Verbrechen; ist, dass er diese völkermörderische Absicht verhindert hat. General, jeder Glückwünsch. Sebien sagt danke.“ (2f)
Auch die politische Führung von Serbien hält sich mit Jubelstürmen zum Den Haager Urteil zurück.
So sagte der Präsident von Serbien, Aleksandar Vucic:
„Ich bin der Präsident von Serbien und als Präsident glaube ich, dass ich das Recht habe, dieses Urteil zu interpretieren. Es ist sehr wichtig zu wissen, dass in der Region Emotionen kochen und so sage ich, wie andere, dass Serbien ihre Opfer respektiert… Wir können aber erwarten, dass auch unsere Opfer respektiert werden. Deshalb müssen wir uns selbst versorgen“. (4)
Des Weiteren appellierte er an die Zukunft Serbiens:
„Mein Appell an die Bürger Serbiens ist, dass wir heute beginnen, in die Zukunft zu schauen, zu überlegen, wo und wie auch unsere Kinder leben, als auch, wie Frieden und Stabilität in der Region gehalten werden kann, wie man mehr Fabriken eröffnen kann. Es sollten nicht die Tränen der Vergangenheit alles ersticken. Aber wir sollten durch die Arbeit im Schweiß eine andere und bessere Zukunft für uns alle schaffen.“ (4)
Zudem erklärte der serbische Präsident Aleksandar Vucic, dass Serbien immer „die Opfer aller anderen Nationen respektiert“ habe und dass es nicht sicher sei, ob die anderen auch die serbischen Opfer betrauerten:
„Heute müssen wir untersuchen, welche Art von Zukunft wir wollen“. Dies gelte auch, da der Krieg in Serbien immer noch offene Wunden hinterlassen habe. Serben sollten aber nicht hassen und an der Vergangenheit festhalten, sondern helfen, eine glänzende Zukunft aufzubauen, so Vucic. (4)
Einzelnachweise
(1) Serbien, LÄNDERINFORMATIONSBLATT des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom August 2014.
(2) Na skupu podrške Mladiću u Beogradu nekoliko desetina ljudi, übersetzt ;Ein paar Dutzend Leute unterstützen Mladics Unterstützung in Belgrad;, in: novosti.rs vom 22. November 2017. Abgerufen am 23. November 2017.
(3) Bosnien und Herzegowina, LÄNDERINFORMATIONSBLATT des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Oktober 2014.
(4) VUČIĆ O PRESUDI MLADIĆU: To se moglo očekivati, Srbijo počni da gledaš u budućnost, übersetzt Zehntausende Menschen unterstützen Mladics Unterstützung in Belgrad, in: kurir.rs vom 22. November 2017. Abgerufen am 22. November 2017.