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Lasst Air Berlin Konkurs gehen und erlöst uns von ständigen Flugausfällen

VonTom

Mai 9, 2017 #featured

Dunkle Wolken über Air Berlin am Dienstag den 9. Mai 2017 am Flughafen Berlin-Tegel. Ein Bild das symbolhaft für die Krise des einstigen Lieblings der Deutschen steht. (Bild: kb)

Dunkle Wolken über Air Berlin am Dienstag den 9. Mai 2017 am Flughafen Berlin-Tegel. Ein Bild das symbolhaft für die Krise des einstigen Lieblings der Deutschen steht. (Bild: kb)

Kommentar – Wer mit Air Berlin reist, erlebt was. Nur oft leider nicht das, was er erhofft hat. Wir haben Dienstagsfrüh den 9. Mai 2017 gegen 8.30 Uhr.

Am kaum besetzten AirBerlin-Ticketschalter in der Nähe von Gate A1 am Flughafen Berlin-Tegel ist mal wieder eine Menschenschlange. Die meisten der Rollläden am Schalter sind heruntergezogen. Nur zwei Mitarbeiter können wir erspähen.

Sie lächeln und stecken die Beschwerden der Kunden mit einer gewissen freundlichen Routine weg. Abstreiten ist nicht mehr. Das wissen sie auch. Der tägliche Wahnsinn und das tägliche Chaos bei Air Berlin lässt die Mitarbeiter mittlerweile offensichtlich kühlere Köpfe bewahren. Man ist resigniert.

Viele Air Berlin-Mitarbeiter dürften es ahnen: Es ist wohl nicht mehr eine Frage des ob, sondern nur eine Frage des wann: Wann lassen sie Air Berlin endlich in Konkurs gehen?

Denn bei so viel Verlusten, die eingefahren werden, und täglichem Chaos, fragt man sich: Warum ist Air Berlin nicht längst den Weg zum Konkursrichter gegangen und hat den Stecker gezogen für einen kompletten schuldenfreien Neuanfang. Mit neuem Personal. Mit neuem Elan. Mit neuem verlässlichen Niveau.

Fakt ist: Auch wenn Air Berlin sich kaum öffentlich äußert wie überhaupt noch die Flugqualität für Passagiere ist. So weiß doch fast jeder, der jemals ein Ticket von Air Berlin gebucht hat:

„Kundenverarsche“ (O-Ton Fluggast) ist Alltag bei Air Berlin geworden.

Ein Pärchen aus Düsseldorf fühlt sich zumindest „verarscht“, wie es uns sagt. Grund: Sie hatten für über 280 Euro Tickets von Air Berlin für einen Flug von Düsseldorf nach Berlin gebucht.

Abends am Tag vor dem Abflug hatten sie sich online einchecken wollen, erzählen sie. Doch es sei nicht gegangen. Weder Ticketnummer noch Buchungscode habe das Onlinesystem der „viel zu oft auf Ramsch-Niveau fliegenden Airline“, so die Düsseldorfer, akzeptiert.

Also fuhren sie am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen Düsseldorf. Da wartete die nächste böse Überraschung: Obwohl sie nach eigener Aussage gut 35 Minuten vor Abflug am Flughafen waren, habe sich Air Berlin geweigert, das Pärchen mitzunehmen. Die Tickets wurden einfach storniert. Eine Umbuchung hätte das Pärchen gut 580 Euro gekostet.

„Die Maschine war wohl schon durch Flugausfälle früherer Maschinen komplett überbucht, schätze ich“, mein der Düsseldorfer zu uns.

Deshalb habe die Airline das Pärchen wohl nicht mehr mitgenommen, ist die Überzeugung der Düsseldorfer. Obwohl es technisch sicherlich möglich gewesen wäre, Fluggäste 35 Minuten vor Abflug noch einzuchecken.

Der Air Berlin-Mitarbeiter habe, erzählt uns das Düsseldorfer Pärchen, zu ihnen recht lapidar die Flugticket-Stornierung auf Kosten der zahlenden Fluggäste mit den folgenden Worten erklärt:

Sie seien selber schuld und hätten mindestens circa 45 Minuten vor Abflug zum Einchecken dasein müssen. Wenn es online nicht ginge, ändere dies auch nichts. Die Schuld sei deshalb angeblich nur beim Kunden.

Beim Kunden, der sich längst von Air Berlin wie ein lästiges Übel behandelt fühlt. Schlussendlich musste das Pärchen dann für 280 Euro mit der Deutschen Bahn nach Berlin fahren.

Am Dienstag den 9. Mai 2017 dann das gleiche Theater mit der chronisch chaotisch agierenden Airline. Das Pärchen aus der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, also aus Düsseldorf, erzählt uns am Air Berlin Ticketschalter:

Der Rückflug nach Düsseldorf von Berlin-Tegel sei schon am Vorabend, also Montag, storniert worden. Immerhin habe man eine Nachricht auf das Handy bekommen. Als Alternative sei ihnen eine späterer Flug angeboten worden. Der sei nur Stunden später gewesen.

So erging es auch uns: Schon auf dem Hinflug vom Flughafen Baden-Baden/Karlsruhe Anfang Mai 2017 erfuhren wir: Es sei mal wieder eine Air Berlin-Maschine kurzfristig storniert worden. Deshalb sei die Folgemaschine, mit welcher wir fliegen wollen, total überbucht. Immerhin kommen wir mit.

Nicht aber so am Dienstag den 9. Mai 2017. Wir sind in Berlin um 6.30 Uhr aufgestanden und haben das Haus um 7.30 Uhr verlassen, nahmen die S-Bahn bis Beusselstraße. Dort dann den TXL-Bus zum Flughafen Berlin-Tegel. Gegen 8.10 Uhr stehen wir am Checkin in Gate C.

Eingecheckt hatten wir uns bereits am Vorabend online an unserem Computer.

Doch als wir den Barcode des Tickets auf den Scanner legen, leuchtet ein roter Schriftzug, wir würden nicht durchgelassen. Die Security-Mitarbeiterin meint zu uns, wir sollten zum Air Berlin-Schalter. Dort erklärt dann eine Mitarbeiterin, der Flug am Dienstag den 9. Mai 2017 um 8.45 von Berlin-Tegel nach Baden-Baden/Karlsruhe sei mal wieder storniert worden. Vor einer Stunde. Also um 7.15 Uhr.

Als Grund nennt sie: Wohl Krankheit von Mitarbeitern. Unter der Hand erzählt sie uns: Krankfeiern gehöre bei Air Berlin-Crewmitarbeitern mittlerweile zum Standard. Die Stimmung sei am Boden. Keiner habe mehr Bock auf diese Airline. Sie stehe eh mit dem Rücken zur Wand. Alle warteten nur auf das Ende, den Konkurs.

Doch noch scheint die Air Berlin-Führung den Stecker nicht ziehen zu wollen. Lieber wurschtelt man vor sich hin. Verärgert täglich geschätzt wohl Hunderte, wenn nicht Tausende Fluggäste, wegen ausgefallener Flüge oder verschobener Flüge.

In unserem Fall heißt das: Man bietet uns als Alternative gegen 9 Uhr einen Flug nach Frankfurt am Main an. Die Weiterreise zum Flughafen Baden-Baden/Karlsruhe müssten wir aber selber mit der Bahn organisieren und die Kosten hierfür auslegen.

Doch wer jemals am Provinzflughafen Baden-Baden/Karlsruhe war, weiß: Hier fährt noch nicht einmal ein Zug, geschweige denn ein ICE hin.

Vom Hauptbahnhof Karlsruhe geht es mit dem Zug über Pforzheim und dann weiter mit dem Bus. Gut eine Stunde Gondeln von Örtchen zu Örtchen bedeutet das.

Da ebenfalls nicht alle Minute ein Zug vom Fernbahnhof Frankfurt-Flughafen nach Karlsruhe fährt, muss man hier nochmal gut zwei Stunden einplanen. Dies bedeutet mit Wartezeiten: Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Flughafen-Frankfurt zum Flughafen Baden-Baden/Karlsruhe ist eine Tortur, für welche man mindestens vier Stunden einplanen muss.

Zähneknirschend akzeptieren wir also die Umbuchung zum Flug um 13.05 Uhr. Im Büro sind wir dann wohl so gegen 15.00 Uhr. Das hoffen wir zumindest. Air Berlin hätte uns dann also einen ganzen Arbeitstag gestohlen.

Und das, wo zum Flugticket in Höhe von 230 Euro noch 49 Euro für das Parken des Autos am skandalöserweise nicht groß gesicherten und bewachten Waldparkplatz des Flughafens Baden-Baden/Karlsruhe hinzukommt (von einem dünnen Zäunchen am Parkplatz abgesehen).

Außerdem ist vom Flughafenparkplatz P3 bis zum Abfluggebäude, beziehungsweise zurück, eine Strecke von über einem Kilometer zu Fuß zurückzulegen. Über Stock und Stein und winkelige Provinzstraßen in einem kleinen Industriegebiet. Den Weg mussten wir uns mangels ordentlicher Flughafen-Auszeichnung mit einem GPS-Navigation über unser Smartphone mühevoll selber suchen.

Das Flugausfall-Chaos von Air Berlin ist uns, wie geschätzt wohl Tausenden von Fluggästen, seit Monaten leidlich bekannt.

Erst vor einigen Monaten wollten wir von Baden-Baden/Karlsruhe ebenfalls nach Berlin-Tegel fliegen.

Auch hier war der Flug eine Stunde vor Abflug abends gegen 18 Uhr plötzlich gestrichen worden.

  • Anmerkung. Eine Übersicht zu gestrichenen Flügen von Air Berlin bietet z.B. Flugrecht.de. Allerdings ist die Übersicht nach unserer Erfahrung nicht immer ganz aktuell und vollständig.

Als Alternative bot man uns einen Flug ab Stuttgart-Echterdingen an. Man würde uns auf eigenes Risiko mit einem Bus in einer circa zweistündigen Fahrt zum Flughafen Stuttgart bringen, hieß es damals. Der Bus fahre aber erst gegen 19 Uhr ab.

Doch wenn Stau sei, was am ebenfalls chaotischen Autobahnkreuz Leonberg bei Stuttgart derzeit der Standard sei, müsse man damit rechnen, in Stuttgart in einem Airport-Hotel übernachten zu müssen.

Wir lehnten dankend ab und fuhren mit dem Bus und einer Regionalbahn vom Flughafen Baden-Baden/Karlsruhe in einer einstündigen Fahrt wieder zurück nach Karlsruhe.

Dort übernachteten wir. Am nächsten Morgen nahmen wir den ICE vom Gleis 3 im wenig schmucken Bahnhof Karlsruhe. Nach gut einer Stunde waren wir am Fernbahnhof des Flughafens Frankfurt. Um von dort dann abzufliegen. Aber nicht mit Air Berlin, sondern mit Lufthansa.

Insofern: Bitte liebes Air Berlin-Management, geht endlich pleite, meldet Konkurs an. Damit erlöst ihr uns und euch vom derzeitigen Pleite-Terror.

Dabei waren wir euch wirklich wohlgesonnen.

Aber niemand hat so viel Geduld und Zeit, um diese ewigen Flugausfälle wegen krankfeiernder Mitarbeiter (wie es uns gegenüber sogar euer Personal selber eingestand), technischer Probleme, oder sonstiger Probleme, mitzumachen. Es reicht liebe Air Berlin, die wir einstmals, wie Millionen Deutsche, wirklich liebten – vor allem als Konkurrenz zur teureren Lufthansa.

Update, 9. Mai 2017, 22:34 Uhr:

Ist ein Flug über 3 Stunden verspätet, muss die Fluggesellschaft 250 Euro Schadenersatz leisten. Hierfür muss der Kunde einen Antrag stellen. Das werden wir natürlich machen.

(Anmerkung: Wir hatten hier ursprünglich 2 Stunden Verspätung stehen. Das war falsch, wie uns ein Leserbrief-Schreiber mitteilte. Wir haben das am 10. Mai 2017 um 19:36 Uhr deshalb korrigiert und bedanken uns für den Korrektur-Hinweis. Ebenso entschuldigen wir unseren Fehler bei unseren Lesern).

Am besten sich deshalb von der betroffenen Fluglinie den ausgefallenen Flug bestätigen lassen und beide Bordkarten aufheben und als Kopie mit dem Antrag einreichen.

In unserem Falle hatte der Air Berlin-Flug von Berlin-Tegel nach Karlsruhe/Baden-Baden am 9. Mai 2017 statt um 13.05 Uhr, wie es im Flugplan hieß, erst gegen 13.45 in die Luft gehoben.  Ursprünglich hatten wir aber ja um 8.45 Uhr fliegen wollen. Die Maschine war einfach gestrichen worden.

Die Air Berlin-Maschine von eigentlich 13:05 Uhr trödelte schließlich gegen 15.00 Uhr am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden ein. Den verspäteten Abflug begründete der Pilot in seiner Durchsage damit, dass „das Bodenpersonal am Flughafen Berlin-Tegel mal wieder“ chaotisch gewesen sei.

Am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden mussten wir aber auch noch auf den Bus warten. Erst gegen 16.30 Uhr waren wir schließlich in Karlsruhe wieder am Arbeitsplatz.

Ein 9-stündiger Horror-Tripp Dank Air Berlin-Flugausfällen und Bodenpersonal-Chaos in Berlin-Tegel. Eine Mitarbeiterin am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden bestätigte uns: „Seit Monaten ist das hier echt ganz schlimm. Gestern fielen gleich zwei Air Berlin-Maschinen am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden aus.“

Doch damit nicht genug: Auf Parkplatz 3 des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden sind wir froh, überhaupt unser Auto nach vier Tagen für 49 Euro wieder entgegennehmen zu können. Die Betreibergesellschaft zockt nämlich nur die Parkgebühren am Airport ab, überwacht die Parkplätze aber nicht sonderlich. Uns fällt nur jeweils eine Kamera pro Parkabschnitt auf, welche nicht primär zu den Autos zeigt, sondern auf den Geldautomen der Parkgesellschaft.

Eine Anwohnerin des Flughafens kommentiert die Parkplätze am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden mit den Worten: „Hier wird regelmäßig in die Autos eingebrochen.“

Auch würden viele Autos geklaut. Sicher sei das da alles nicht. Zum Chaos-Flug kam also noch ein Chaos-Parkerlebnis. Künftig fliegen wir wohl so oder so wieder ab Frankfurt. Und wie gesagt: Mit Lufthansa. Das mag etwas teurer sein. Aber auch etwas sicherer. Nicht immer. Aber zumindest öfters. Das ist zumindest unsere Erfahrung.

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Von Tom

4 Gedanken zu „Lasst Air Berlin Konkurs gehen und erlöst uns von ständigen Flugausfällen“
  1. Ich möchte noch einige Informationen hinzufügen. Zunächst ist Air Berlin in Konkurs gegangen, daher ist keine Entschädigung von Air Berlin möglich. Passagiere konnten ihre Forderungen während des Insolvenzverfahrens anmelden. Fluggästen kann ein Ausgleichsanspruch nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gegen andere Fluggesellschaften zustehen, wenn ihr Flug bei der Ankunft am Zielort um mehr als 3 Stunden verspätet war, aber die Höhe der Entschädigung hängt von der Entfernung Ihrer Flugstrecke ab. Passagiere können eine Ausgleichsleistung zwischen 250 € und 600 € beanspruchen. Die einzigen Bedingungen sind, dass der Flug von einem EU Flughafen gestartet ist oder von einer EU Fluggesellschaft zu einem EU Flughafen durchgeführt wurde und dass eine Verspätung oder Annullierung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sein sollte.

    Quelle: https://www.claimflights.de/flugverspaetung-entschaedigung

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