Brigitte Böhnhardt, die Mutter von Uwe Böhnhardt, ist am Mittwoch erneut vor dem Münchner Gericht im Rahmen des NSU-Prozesses im Gerichtssaal aufgetreten. Uwe Böhnhardt war Mitglied in der ostdeutschen rechtsradikalen NSU-Gruppe, welchen ihren letzten Sitz in Zwickau hatte. Der NSU wirft die Münchner Staatsanwaltschaft vor, sie habe zahlreiche Morde an ausländischen Mitbürgern in Deutschland begangenen.
Während des derzeitigen Prozesses habe sich nun Brigitte Böhnhardt in einem bewegenden Moment im Gerichtssaal direkt bei Beate Zschäpe bedankt, berichten Medien. Der Dank galt dem Anruf von Beate Zschäpe, in dem diese der Mutter von Uwe Böhnhardt mitgeteilt habe, dass sich ihr Sohn umgebracht habe. Sie habe, sagte Brigitte Böhnhardt, Beate Zschäpe am Telefon kaum wahrnehmen können. Ihre Stimme sei „ganz dünn und zittrig“ gewesen. Beate Zschäpe war die Lebenspartnerin von Uwe Böhnhardt und steht in München im Rahmen des NSU-Prozesses selber vor Gericht. Zahlreiche Medien stempeln sie bereits zu einer der Haupttäterinnen ab, obgleich es bislang kein Urteil gibt.
Die NSU wird verdächtigt, insgesamt zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge in den Jahren 2000 bis 2007 getätigt zu haben. Dabei ist allerdings bis heute nicht klar, ob Beate Zschäpe an den Morden direkt beteiligt war oder nicht, oder ob sie indirekt den Morden zugearbeitet haben könnte. Das versucht der Münchner NSU-Prozess nun herauszubekommen – unter sehr schwierigen Bedingungen, da die Medien sich häufig bereits zu Richtern aufspielen.
Uwe Böhnhardt war, wie Beate Zschäpe, Mitglied einer ostdeutschen Neonazi-Bande, die vorwiegend Türken, aber auch Griechen, umgebracht haben soll – aus purer Fremdenfeindlichkeit. So lautet zumindest der Vorwurf. Neben Uwe Böhnhardt hatte sich auch das dritte Mitglied der NSU, Uwe Mundlos, am 4. November 2011 selbst getötet. Damit hätten sie, heißt es, einer Festnahme zuvorkommen wollen.
Brigitte Böhnhardt sagte, wonach es Beate Zschäpe „sicherlich ganz schwer gefallen“ sei, „die Eltern“ über den Tod ihres Sohnes „zu informieren“. Während des Münchner Gerichtsprozesses am Mittwoch wandte sie sich schließlich an Beate Zschäpe durchaus mit bewegenden Worten: „Danke, dass Du’s trotzdem gemacht hast.“ Anschließend soll Beate Zschäpe die Mutter ihres ehemaligen Freundes aufmerksam angeschaut haben. Medien fabulieren herum, wonach sie „aber keine eindeutige Reaktion“ gezeigt habe.
Mit Brigitte Böhnhardt war nun die erste Angehörige der mutmaßlichen Täter während des NSU-Prozesses vor Gericht geladen worden. Bereits am Dienstag hatte Brigitte Böhnhardt gesagt, sie sehe in den thüringischen Behörden eine erhebliche Mitschuld an dem ganzen Mord-Komplott gegen ausländische Mitbürger. Der Vorwurf an die Thüringer Behörden lautet, wonach diese nur sehr nachlässig den NSU- und Mordhinweisen nachgegangen seien und damit erheblich dazu beigetragen hätten, dass die Mordserie an den ausländischen Mitbürgern jahrelang nicht aufgehört habe.
Bereits 1999 hatten erfolglos die Staatsanwaltschaft und der Verfassungsschutz versucht, die NSU-Gruppe durch ein Angebot der Strafmilderung dazu zu bewegen, aufzugeben und sich zu stellen. Doch statt dieses Angebot massiv und offensiv voranzutreiben, hatten die Behörden das anschließend zurückgenommen und die damals sehr junge Dreiergruppe aus Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in den Untergrund getrieben.
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