Dort, wo Disney seine größten Vergnügungsparks unterhält, in Orlando in Florida, suchte er sich seine Opfer aus: Der durchaus gut aussehende Amerikaner Omar Mateen, 29. Seine Eltern waren aus Afghanistan in die USA ausgewandert, um dort endlich ein besseres und freieres Leben zu führen, als unter den Taliban-Verbrechen, jener radikal-verbrecherischen Organisation, die behaupten, im Namen Allahs zu morden.
Doch statt die Freiheit zu genießen und zu verteidigen, wurde Omar, Vater eines dreijährigen Kindes, selbst zum Monster. Er tötete in Orlandos bekanntem Schwulenclub, dem Pulse, 50 Schwule, versuchte aber vor allem einen Anschlag auf unsere Freiheit. Auf eine Freiheit, die in Jahrhunderten mit so viel Blut, mit Millionen Menschenleben, erkämpfte worden ist.
Man muss nur einmal die Serie Games of Thrones anschauen, um einmal mehr zu schätzen, welch großer Gewinn es ist, dass Menschen frei feiern können, frei leben können, Menschenrechte haben, Bürgerrechte haben. Und man muss nur einmal den Jahresbericht von Amnesty International durchblättern, um zu sehen, wie blutig und unfrei die Welt immer noch ist.
50 erschossene feiernde Menschen und 53 Verletzte, das ist die Bilanz einer Wahnsinns-Tat von Omar Mateen. Der Täter war in den vergangenen drei Jahren drei Mal vom FBI befragt worden. Er hatte aber keine kriminelle Vergangenheit und auch keine näheren bekannten Kontakte zu IS, beziehungsweise ISIS.
Erst vergangenen Woche kaufte er sich die tödlichen Automatik-Waffen, welche ihm verhalfen, sich ein Mal in seinem Leben scheinbar „groß“ zu fühlen: Als er Unschuldige massenhaft umrasierte und ermordete. Er war kein „Islamic State Fighter“. Er war schlicht ein Irrer, der mit Freiheit nicht umgehen konnte, den Freiheit einfach überforderte.
Das schlimme an seiner Tat, die sich einreiht mit einer ähnlichen in Paris im November 2015, ist, dass die Täter letztlich aus ein und derselben Ebene kommen wie die Opfer:
Es sind eben nicht Isis-Terroristen, sondern es sind Bürger aus unseren Reihen. Sie kämpfen nicht gegen ein System, gegen Mächtige oder Reiche – wie es die Rote Armee Fraktion, also die RAF, in Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren tat.
Der kriegerische Amokläufer von Orlando hatte es auf Zivilisten abgesehen
Die Amokläufer von Orlando oder Paris kämpfen schlicht gegen zivile Bürger, die mit Politik als Profession in der Regel gar nicht viel am Hut haben. Sie ermorden Zivilisten, die nur feiern und glücklich sein wollen. Die Terrorangriffe auf Zivilisten sind Stellvertreterkriege.
Deshalb sind Täter wie Oman letztlich feige Irre. Sie kommen nicht an die Mächtigen heran, die sie in ihrem Weltbild für irgendwelche gesellschaftlichen Missstände, die sie glauben festzustellen, verantwortlich machen möchten.
Denn Politiker und Reiche können sich mittlerweile – auch Dank der Digitalisierung – sehr gut schützen: Mit Bewegungsmeldern, versteckten Minikameras, GPS-Trackern, schusssicheren flächendeckenden Fenstern in ihren Häusern und Autos, mit Bodyguards, hohen Zäunen und noch viel mehr.
Richard Clarke, ein früherer amerikanischer „National Security“-Mitarbeiter, sagte im amerikanischen Fernsehen, er gehe davon aus, dass der Täter von Orlando ein Selbstradikalisierender sei. Omar sei primär über das Internet zu dem geworden, was er nun ist: ein US-Massenmörder. Er habe selber entschieden, wer das Ziel sei und wann angegriffen würde.
Das Internet als Schuldiger? Das greift zu kurz. Der Hass geht zu tief. Sonst killt man nicht 50 überwiegend junge und unschuldige Menschen einfach so und dann noch ausgerechnet in einem Schwulenclub. In einem Ort also, der am wenigsten Schuld an irgendwelchen Missständen in islamischen Ländern oder der westlichen hegemonialen Außenpolitik hat.
Man könnte Omars irre Tat primär als tiefe Unzufriedenheit mit seinem eigenen Leben ansehen, aber auch mit dem Zustand der Welt. Dabei hat ebenso der Westen viel Blut an den Händen, was zur Radikalisierung vieler Länder und Menschen beiträgt.
Hochmut kommt vor dem Fall – der Westen führte mehr Kriege als alle islamischen Länder zusammen
Man denke nur an den brutalen Anschlag des westlichen Kriegsbündnisses NATO auf Libyen im Jahr 2011. An dessen Ende steht nicht nur ein von der NATO gedeckter und geförderter Mord an dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi, sondern der Fall eines ganzen Landes in den Terror. Vom Westen gewollt, vom Westen gefeiert, von westlichen Massenmedien angebetet. Und heute werden die Ursachen vom Westen verschwiegen.
Es ist durchaus angebracht im Angesicht des Anschlags von Orlando auch auf solche westlichen Taten zu blicken.
Grund: Es ist auffällig, dass seit dem Fall Libyens und seit Bekanntgabe der westlichen militärischen und finanziellen Unterstützung von Isis in Syrien (unter dem Deckmantel der Freien Syrischen Armee) kriegerische Amokläufe in westlichen Ländern dramatisch zugenommen haben.
In dem westlichen Wahn, jeden Diktator in ehemaligen westlichen ölreichen Kolonien (wozu Libyen, der Irak, Afghanistan oder Syrien gehören) wegbomben zu wollen, hat der Westen übersehen, dass die Bürger in diesen Ländern nicht immer westliche Heilsbringer wollen.
Die Bomben, die gleich 60 oder 100 Menschen in den Tod reisen – sie fliegen nicht mehr „nur“ in Bagdad im Irak hoch, in Somalia, Afghanistan, Tripolis in Libyen oder in Damaskus in Syrien. Sie werden auch nicht mehr, wie seit Jahrzehnten, auf Tausende Palästinenser aus israelischen Flugzeugen abgeworfen (mit amerikanischem Geld und amerikanischer militärischer Unterstützung). Nein, die Bomben kommen zu uns, direkt in unser westliches Leben.
Libyen ist Sinnbild für westliche Arroganz
Wie irre überheblich der Westen seit Jahren agiert, lässt sich am Fall Libyens geradezu bilderbuchhaft gut ablesen: Gaddafi hatte 2011 zum Westen gesagt, wenn Ihr Libyen angreift, werden Millionen Flüchtlinge kommen, das Land wird fallen, noch mehr Terror wird in die Welt geißeln.
So kommt es nun. Orlando ist ein weiterer Dominostein im darum weinenden Himmel.
Und ausgerechnet jene Länder, die geil darauf waren, mit der überlegenen NATO endlich wieder Krieg führen zu dürfen – Großbritannien, Spanien, die USA, Norwegen, Spanien, Polen, Portugal, die USA an vorderster Front – sind jene Länder, die sich nun im Umgang mit Flüchtlinge, die über die libysche Grenze kommen, am zimperlichsten zeigen. Sie weigern sich am vehementesten noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen, ja überhaupt Flüchtlinge aus Kriegsländern, die der Westen mit angezündet hat, aufzunehmen.
Deshalb: Omar Mateens Tat ist auch die Tat eines, der sich offensichtlich ohnmächtig fühlte. Ihn auf IS oder ISIS zu reduzieren, ist dumm.
Genauso naiv und dumm wäre es, zu glauben, dass dies nun das Ende der Terror-Amokläufe in westlichen Ländern wäre. Das Schlimme an Tätern wie Omar ist, dass es Nachahmer gibt. Nicht aus islamischem Glauben, sondern einfach aus Spaß und Hass auf westliche Länder und westliche freiheitliche liberale Lebensweisen und auf die westliche arrogante Art Kriege gegen andere Länder zu führen – mit Bomben oder mit Wirtschaftssanktionen.
Dabei kann eines nicht verschwiegen werden: Die Täter kommen auffallend oft aus Ländern, die der Westen teils über Jahrzehnte blutig unterdrück, oft ausgebeutet hat.
Die größten Verbrechen der Welt übte der Westen aus, nicht der Islam
Die größten Verbrechen der Welt sind nicht durch islamische Länder ausgeübt worden oder durch islamische Politiker, sondern durch den Westen, durch westliche Politiker.
Klar ist, dass es weitere Ziele geben könnte – auch in Deutschland. Plätze, wo Schwule oder Lesben gerne feiern, könnten sich für die kriegerisch agierenden Terroramokläufer als ideal herausstellen. Aus Sicht des Täters von Orlando sind sie scheinbar ein Sinnbild für den Westen.
Dabei sind es gerade Schwule und Lesben, die stets gegen Unterdrückung kämpften und häufig auch an vorderster Front sich gegen Kriege stellten. Wenn es Rebellen unter westlichen Gesellschaften gibt, sind es oftmals gerade die selber unterdrückten Homosexuellen. Das macht es umso perverser und niederträchtiger gerade sie als Opfer auszusuchen.
In den Fokus von jenen, die den Westen hassen und zu Amokläufern werden, könnten zahlreiche Hotspots der Gay-Szene geraten: Dazu könnte die weltberühmte Boiler-Schwulensauna in Berlin ebenso gehören, wie die Babylon-Sauna in Bangkok, der Heaven-Club in London, oder ein Dance-Club in New York.
Fakt ist: Die Besitzer und Betreiber solcher Clubs müssen sich umgehend, sofern noch nicht geschehen, mit den örtlichen Polizeibehörden in Verbindung setzen, um vorzusorgen für den Fall, dass ein Wahnsinniger mal wieder das Feuer auf seine westlichen Opfer eröffnet.
Club-Besitzer müssen gezwungen werden, für die Sicherheit ihrer Gäste zu sorgen
Denn das ist durchaus ein Skandal: Dass der Täter scheinbar recht unbehelligt in den Pulse Club in Orlando gelangen konnte. Ähnlich unentschuldbar agierten auch die Betreiber des Pariser Clubs, in dem aus islamischen Ländern stammende Amokläufer vergangenes Jahr über 130 Menschen erschossen.
Der Täter von Paris war mit seiner Tasche noch nicht einmal auf Waffen untersucht worden. Französische Dolce Vita eben. Man wollte nur feiern – ausgerechnet in einem Land, das beispielsweise noch in den 1950er Jahren über 300.000 Algerier im Algerienkrieg umbrachte, da das Land die brutale französische Kolonialherrschaft endlich loswerden wollte.
Auch hier müsste der Westen eigentlich, wie im Falle Armeniens, von einem Völkermord sprechen und die französische Tat nachträglich verurteilen. Tut er aber nicht. Waren ja „nur“ Muslime, die von Frankreich ermordeten Tausenden Algerier, scheint man auf der Ebene der politischen Elite im Westen zu denken.
Für die Zukunft gilt: Clubs und Betreiber von Partys in Metropolen des Westens, die nicht maximal für die Sicherheit ihrer Gäste sorgen, sind selber kriminell und gehören juristisch belangt. Das ist eine weitere Lektion, die wir nun Dank Orlando lernen sollten.
Es genügt nicht, bis zum Exzess für Brandschutzmaßnahmen in Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen zu sorgen. Wir brauchen auch Vorschriften zum Terrorschutz in von der Öffentlichkeit viel frequentierten Einrichtungen der Freizeitgestaltung: Also in Discotheken, Saunen, Thermen, Restaurants, Schulen, Universitäten, Bars, Kaffees, Kinos, dem Öffentlichen Personennahverkehr – also in Bussen, Bahnen.
Bespitzeln der Bürger nach NSA-Vorbild ist controproduktiv
Und auch das haben wir einmal mehr gesehen: Die ganze NSA-Stasibespitzelung der Welt hat nicht einen der großen Anschläge von Terror-Amokläufern bislang verhindern können. Statt dass Geheimdienste glauben, sie könnten den Terror verhindern, indem sie sich heimlich auf Millionen Smartphones und Webcams schalten, sollten sie erkennen:
Größenwahnsinn hilft niemanden. Imperien sind nicht gefallen durch offene Krieger, sondern durch versteckte. Versteckte Krieger, wie es dieser unsäglich Omar Mateen ist – ein Amerikaner, ein Zivilist. Menschen wie er haben nur ein Ziel: Unsere Freiheit zu beerdigen. Und dagegen müssen und werden wir uns wehren.
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