Die Worte des norwegischen Attentäters und Massenmörders Anders Breivik sitzen all den Eltern, die ihre Kinder vergangenes Jahr in einem Ferienlager verloren haben, tief in den Knochen. Vor Gericht sagte Breivik: „Ich würde es wieder tun“. Norwegen erlebt noch einmal seine Tragödie. Dieses Mal vor Gericht. Schon jetzt musste mehrmals das auf zunächst fünf Tage angesetzte Verfahren unterbrochen werden.
Die Vorwürfe gegen Breivik: Terrorismus und vorsätzlicher Massenmord. Grund: Breivik hatte auf der Ferieninsel Utøya in einem Feriencamp gezielt 69 junge Sozialdemokraten mit einem Maschinengewehr hingerichtet. Zuvor tötete er mit einer Autobombe acht Menschen im Regierungsviertel und sprengte ein Bürohaus halb in die Luft. Das Regierungsviertel sah aus, als gäbe es Krieg.
Wird er nun schuldig gesprochen, drohen ihm bis zu 21 Jahre Haft. Ursprünglich war er als nicht zurechnungsfähig beurteilt worden. Doch das hatte der Justiz nicht gefallen, so dass sie ein weiteres Gutachten in Auftrag gab, welches ihn nun doch schuldfähig beurteilte. Wäre er nicht schuldfähig, hätte er lebenslang in einer Psychiatrie untergebracht werden müssen. Breivik selbst behauptet, er sehe sich vor allem als Kopf einer größeren Verschwörungs-Einheit. Vor allem aber zeigt er sich gerne in einer Art Hitler-Gruß.
Vor Gericht geht es chaotisch zu
Vor Gericht geht es entsprechend chaotisch zu. Die Verhandlung begann mit einem Trommelwirbel, der einem Laienrichter seinen Job kostete. Er wurde vom Prozess ausgeschlossen, da er vor Gerichtsbeginn im Internet die Todesstrafe für Breivik gefordert hatte. Der Prozess ist längst auch zu einer Staatsaffäre geworden.
Vor Gericht durfte Breivik, der sich dem rechtsradikalen Spektrum zuordnet, am Dienstag ein selbst geschriebenes 13-seitiges Protokoll vorlesen. Sarkastisch ist, dass er einerseits zwar sagt, er habe seine Rede aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen der Terroranschläge, etwas abgemildert. Gleichzeit sagt er aber auch, er würde es wieder tun: „Ich habe den ausgeklügeltsten und spektakulärsten politischen Angriff in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt“, führte er aus. Er sieht sich selbst in der Nähe der NSU, der neuen deutschen Nationalsozialistischen Untergrundorganisation.
Er ist gegen Multikulti und Feminismus
Breivik hat klare Feindbilder: Den Islam, Marxismus, Feministinnen, Journalisten. Er ist natürlich gegen „Multikulti“, spricht von einer „multikulturellen Hölle“. Christen sieht er als „verfolgte Minderheit“. Dass Breivik sein Leben verpfuscht hat, sieht er überhaupt nicht so. Im Gegenteil: Er wolle Europa wachrütteln und eine ganze Bewegung anführen. Er sei stolz, dass er im Gefängnis sitze, als ewiges Symbol für rechtsradikalen Terror, der der nordischen Rasse zu ihrem langfristigen Erhalt verhelfe.
Den Staat Norwegen kritisiert Breivik, da er nach seiner Meinung nicht wirklich demokratisch sei – schon seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Kaum verheilende Wunden bei Eltern, Freunden und Verwandten der von Breivik Getöteten, dürften seine Sätze hinterlassen, wonach die Jugendlichen, die er getötet habe, keine „Opfer“ seien, sondern „Täter“: „Das waren keine unschuldigen Kinder, sondern politische Aktivisten, die für den Multikulturismus arbeiteten.“ Die sozialdemokratische Jugendorganisation AUF, die das Ferienlager in Norwegen organisiert hatte, verglich er obendrein mit der Hitlerjugend.
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