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Über den Blog kriegsberichterstattung.com und warum wir ihn manchmal schließen wollten

VonRedaktion

Okt 16, 2020

Wir hadern mit uns.

Wir hadern mit uns.

Ursprünglich wurde der Blog kriegsberichterstattung.com 2011 gegründet, um den Kritikern der NATO-Bombardierungen in Libyen eine Stimme geben zu können. Viele, auch wir, haben es der NATO nicht verzeihen können, dass sie sich damals vor dem UN-Sicherheitsrat einen Freibrief in Libyen geben ließ mit der Lüge, man sichere nur eine „Luftverbotszone“, um Kriege des Staates Libyen gegen seine eigene Bevölkerung verhindern zu können. Stichwort: Arabischer Frühling. Dieser angebliche politische Frühling für die Menschenrechte ist aber heute fast schon wieder komplett verflogen. Trotz des angeblich so großen Einflusses von Social Media beim Aufbau von Widerstand gegen Diktatur, Willkür und Machtmissbrauch.

Beim von uns stark kritisierten Libyenkrieg war schnell klar und das hatte uns in den journalistischen Widerstand gebracht, was die NATO unter einer „eingerichteten Flugverbotszone“ verstand: Alle Waffen sollten still stehen, nur die NATO darf aus der Luft bombardieren. So warf die NATO damals, 2011, Tausende Bomben auf Libyen, brachte geschätzt Tausende oft junge Menschen um, verstümmelte geschätzt Hunderte, die bis heute und ihr Lebensende leiden. Immerhin beteiligte sich Deutschland Dank einer Entscheidung der damaligen CDU/FDP-Bundesregierung nicht an diesen Bombardierungen. Man lieferte aber sämtliche Aufklärungsdokumente aus der Luft, die wiederum Basis für die Bombardierungen waren.

Das heißt, auch Deutschland dürfte an der NATO-Aufklärungsarbeit aus der Luft beteiligt gewesen sein, als die NATO den umstrittenen libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi durch diese Aufklärungs-Techniken aus der Luft eben diesen an die Terrorgruppen zu Boden auslieferte. Diese schnappten Gaddafi schließlich in einem großen Rohr. Dann brachten sie ihn öffentlich durch einen Stich mit einem Messer in den After um. Ein Kriegsverbrechen, das auch auf das Konto der NATO geht.

Wie die Zensur immer weiter um sich greift

Anschließend filmte man, wie Gaddafi auf einem Geländewagen verblutete. Man zwang ihn sitzend zu sterben. Die NATO schaute aus der Luft zu und die U.S.-Regierung um Barack Obama und Hilary Clinton (Demokraten) jubilierte. Mittlerweile hat YouTube viele dieser Filme gelöscht. YouTube zensiert immer mehr Beiträge, was mit Demokratien immer schwerer vereinbar ist. Wobei wir ohne YouTube vieles bis heute gar nicht zu sehen bekämen. Letztlich gewährleisteten es bislang vor allem USA, dass der Begriff der Meinungsfreiheit möglichst weit gefasst wird und damit YouTube arbeiten konnte, wie es das bislang tat.

Doch auch hier erodiert die Meinungsfreiheit immer stärker, da auch YouTube, Twitter, Facebook immer stärker von sich aus zensieren. Dies geschieht unter dem Druck des globalen neuen Totschlagarguments, wonach alles Fake News oder Verschwörungstheorien seien, die nicht mit dem Mainstream kompatibel erscheinen. Da nimmt dann Facebook schon mal eine Social Media Gruppe mit 400.000 Followern über Nacht komplett aus dem Netz, da man angeblich Gewaltaufrufe oder ähnliches gelesen habe. Dass das vielleicht eine Minderheit war und dass sich sowas nie ganz verhindern lässt, spielt dann keine Rolle mehr. Die Differenzierung geht verloren. Denn Differenzierung kostet viel Zeit, Arbeit, Geld, Power.

Begrenzte Mittel machen es schwer, einem Thema immer vollumfänglich gerecht zu werden

Das haben auch wir im Laufe der Jahre festgestellt: Wir können es mit begrenzten finanziellen und personellen und logistischen Ressourcen gar nicht bewältigen, über alle Krisenherde der Welt kompetent zu berichten. Wir können allenfalls immer wieder versuchen, Schlaglichter zu werfen und versuchen, mit aufzuklären.

Wir haben oft darüber nachgedacht, ob wir den aus dem Libyen-Konflikt entstandenen Blog kriegsberichterstattung.com, der immer auch ein idealistisch-aufklärerisch freiheitliches Projekt war, nicht einfach komplett löschen sollten. Immer wieder erlebten wir auch Kritik, dass wir dieses oder jenes Problem unfair oder falsch behandelten. Sowas tut auch uns weh und bereitet dann so manches Mal schlaflose Nächte. Doch zahlreiche Leser und Fans sagen uns immer wieder: Nein, behaltet diesen etwas subversiven Blog im Netz. Gerade in Zeiten, wo vielen Medien eine intellektuelle Meinungs-Gleichschaltung vorgeworfen wird (Fake News), sei es wichtiger denn je, so etwas am Leben zu erhalten.

Wir hadern selbst mit unserem Blognamen und sehen ihn manchmal so wie Goethe: Die Geister, die ich rief, werde ich nun nicht mehr los

Unser Blog-Name ist uns, das geben wir ganz offen zu, mittlerweile selber zu aggressiv. Obendrein ist er nicht mehr ganz passend, da wir eben unser Ziel, für eine Berichterstattung aus umstrittenen Kriegsgebieten zu sorgen, nur sehr eingeschränkt erfüllen können. Ein Hauptthema ist aber immer noch die Arbeit von Amnesty International, was wir gerne auch publizistisch unterstützten, wobei einige von uns dort Mitglieder sind.

Ein bisschen ging es uns manchmal mit dieser Seite so, wie in Johann Wolfgang Goethes berühmtem Faust: Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los. Vor allem auf Grund der gekennzeichneten Probleme, also Fake News, Mainstream-Medien, in den Köpfen vieler Journalisten gleichgeschaltete Berichterstattung, erhalten wir den Blog also doch am Leben. Irgendwie sehen wir es als unsere Pflicht an, das zu tun, zumal wir in Google und Bing gut gelistet sind, wir einige Hundert wertvolle Backlinks von anderen Blogs erhalten haben und wir eben doch Tausende Fans haben. Im Laufe der vergangenen zehn Jahre hatten wir weit über eine Millionen Seitenaufrufe.

Wir haben so manchmal darüber nachgedacht, aufzugeben, den Blog zu löschen, da wir unseren eigenen Maßstäben, öfter als uns lieb war, nicht gerecht werden konnten

Auf Grund des Zuspruchs, haben wir unseren Markenbegriff selber ausgedehnt: Wir kümmern uns nun verstärkt, manchmal sicherlich auch etwas willkürlich wirkend, um alle möglichen Problemfelder, die uns wichtig erscheinen im gesellschaftlichen Diskurs. Und wo wir das Gefühl haben: Das kommt eindeutig zu kurz in der Öffentlichkeit. Das heißt: Wir versuchen mit hoffentlich immer wieder guter und ausführlicher Recherche den Finger in die Wunde eines Themas zu legen. Dabei versuchen wir fair zu bleiben. Das gelingt leider nicht immer und manchmal kann es nicht gelingen.

Politisch sind wir wahrscheinlich eher links als rechts, eher liberal, eher lernbereit in Bezug auf unsere eigenen Meinungen und Weltbilder, als verbohrt. Wir sind offen und auch immer wieder bereit, unsere Sichtweisen in Frage zu stellen. Wir versuchen mit der Welt zu gehen und nicht im eigenen Sumpf stehen zu bleiben. Wichtig ist für uns der Diskurs mit den Lesern: Sagt uns, wenn wir etwas falsch machen aus eurer Sicht, helft uns, uns zu verbessern.

Helft uns, wenn wir etwas falsch machen

Die Breite unserer Themen spiegelt die Breite unseres Weltbildes wider. Was wir aber kategorisch ablehnen ist, dass wir uns von irgendjemandem vorschreiben lassen, wie wir Dinge bezeichnen oder zu sehen haben. Solche Versuche, das öffentliche Weltbild entsprechend von anderen vorgegeben Dogmen widergeben zu sollen, halten wir für sehr gefährlich. Deshalb nennen wir manchmal Tätergruppen oder Bösewichte beim Namen, wo andere behaupten: Was tut denn das zur Sache, es sind doch alles nur Menschen, Deutsche, Bürger, Mitbewohner.

Wenn alle Menschen über einen Kamm zu scheren wären, würden sämtliche kulturwissenschaftlichen Studiengänge von Berlin bis München, Zürich bis Wien unnötig. Die Menschen haben eben durchaus ihre eigene über Jahrhunderte, manche über Jahrtausende gewachsene Kultur. Sie ist prägend für einen Großteil des Verhaltens, Lebens, der Emotionen. Deshalb muss man sich diese Kulturen anschauen, wenn man sie verstehen möchte. Nur so kann man mit ihnen in einen auch kritischen Diskurs treten.

Eine Gesellschaft beruht auf zahlreichen Gruppen, bunten Menschen und das ist gut so. Aber jede dieser Gruppen muss auch ihrerseits bereit sein, sich zu hinterfragen und das Tun ihrer Mitglieder kritisch zu beäugen und gegebenenfalls öffentlich zu kritisieren.

Beispiel: Nur weil wir vielleicht einmal schreiben, dass Tätergruppen im Bereich der europaweit immer weiter um sich greifenden Rip Deals häufig Roma seien, heißt das aber noch lange nicht, dass wir etwas gegen Roma hätten. Im Gegenteil: Wir kennen privat ganz tolle Roma-Mitglieder, intelligente, gut aussehende, lustige Mitmenschen, die die Welt besser machen. Deshalb an unsere möglichen Kritiker: Macht es euch bitte nicht zu einfach, über andere den Stab zu brechen und schaut mal, ob Ihr nicht selber Wein sauft und Wasser predigt.

Wir wollen Menschen unterstüzten – gegen Kapitalmacht, Ausbeutung, Ungerechtigkeiten, Machtmissbrauch, Abzocke, Menschenrechtsverletzungen

Die Nachrichten, die Ihr hier lest, wurden von einem unabhängigen Medien-Blog mit viel Liebe zur Arbeit, oft auch viel Liebe zum Detail, zusammengetragen und euch präsentiert.

Unabhängiger Journalismus: Es ist die unabdingbare Voraussetzung, um Menschen gegen Kapital, Arbeit gegen Ausbeutung, Gerechtigkeit gegen Ungleichheit, Frieden gegen Kriege, Grundrechte gegen Faschismus oder entmündigenden Kommunismus, Natur gegen Plünderung, Menschen gegen Gewalt, Kinder gegen Missbrauch zu verteidigen, aber auch Bürger gegen Abzocke und unseriöse wirtschaftliche Machenschaften und Turbokapitalismus. Tief im Innern sind wir alle hier auf dem Blog Idealisten und Menschenfreunde und halt irgendwo auch Kämpfer, wenn wir das Gefühl haben, damit die Welt ein klein bisschen besser machen zu können.

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