Es war eine der frechsten politischen Lügen dieses Jahrzehnts: Die NATO-„Flugverbotszone“ über Libyen. Mit ihr hatte sich das westliche Kriegsbündnis „North Atlantic Treaty Organization“ von der UNO ihren Angriffskrieg gegen Libyen im Jahr 2011 erlogen.
Denn die „Flugverbotszone“ des Westens über Libyen sah dann so aus: Alle Flugzeuge des mit Hilfe des Westens bestialisch vor laufender Kamera ermordeten libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi (arabisch: معمر القذافي ) mussten in Libyen am Boden bleiben. Nur die NATO durfte technisch elegant aus Flugzeugen bomben und morden was das Zeug hält:
Rund 50.000 überwiegend junge Männer verloren in Libyen Dank der von der NATO mit Kampfjets abgeworfenen Bomben 2011 ihr Leben. Eine kaum zählbare Menge an jungen Gaddafi-Soldaten wurden durch die westlichen Kriegsmaßnahmen verkrüppelt. Heute sind sie blind, taub, gelähmt, müssen ohne Arme oder Beine leben. Die genaue Zahl kennt niemand, sie könnte aber nach Ansicht von Menschenrechtlern in die Tausenden gehen.
Die Flugverbotszone in Libyen, wie sie der Westen versprochen hatte, war eine kaum zu überbietende machtpolitische Lüge. Sie hat bis heute das Vertrauensverhältnis in den Westen bei Russland und China, aber auch bei den eigenen Bürgern, beschädigt. Damals, 2011, wurde Deutschland von einer CDU/CSU und FDP-Regierung gelenkt.
Nur Dank einer beherzten Kriegs-Gegnerschaft von Guido Westerwelle, dem damaligen FDP-Außenminister, konnte Deutschland von einer robusten militärischen Beteiligung Deutschlands am Libyenkrieg abgehalten werden.
Doch damals zeigte sich schon, wie kriegsgeil die Deutschen wieder werden: Westerwelles Nein zu einer aktiven Kriegsbeteiligung am NATO-Gemetzel in Libyen kostete ihn im Mai 2011 seinen Job als Außenminister und letztlich möglicherweise sein Leben.
Kriegsgeile Deutsche?
Denn nicht wenige sehen den darauf folgenden Ausbruch von Krebs bei Westerwelle als primär psychosomatisch ursächlich. Den Machtverlust nach seiner Abwahl als Parteivorsitzender der FDP und Außenminister habe Westerwelle nie verkraftet.
Und nun also die nächste NATO-Lüge von einer weiteren angeblichen „Flugverbotszone“? Das scheint jedenfalls Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu planen, schreiben zahlreiche Medien.
Dieses Mal soll sie in Syrien nach dem SPD-Willen durchgesetzt werden. Damit stellt sich die SPD auf eine ähnliche Stufe mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, der sich in einer Art Staatsputsch diktatorenähnliche Vollmachten hat geben lassen.
Auch Erdogan hatte jedenfalls kürzlich gefordert, er wolle freie Fahrt in Syrien, welche am einfachsten über eine für die syrische Regierung geltende „Flugverbotszone“ zu erhalten wäre.
Steinmeier hält sich derzeit in New York auf, wo er an einem Treffen zur Flüchtlingskrise in der United Nations General Assembly teilgenommen hatte. Dort erklärte Frank-Walter Steinmeier:
„Wenn der Waffenstillstand überhaupt noch eine Chance haben soll, führt der Weg nur über ein zeitlich begrenztes, aber vollständiges Verbot aller militärischen Flugbewegungen über Syrien – mindestens für drei, besser für sieben Tage.“
Auch solche zeitlichen Limitierungen kennen wir bereits: Sie werden PR-taktisch gerne gefordert, um sie dann Stück für Stück zu verlängern. Steinmeier verteidigte seine Ansicht, mit einer Flugverbotszone Syrien befrieden zu können, mit den folgenden Worten:
„Gleichzeitig schafft es Raum für präzise Verabredungen in der Syrien-Unterstützergruppe zum koordinierten Vorgehen gegen IS und Al-Kaida und für einen Rückweg in Verhandlungen über eine Übergangsregierung für Syrien“.
Schauen wir uns aber diese Stellungnahme noch einmal an: War es nicht die Türkei, die jahrelang ISIS aufgerüstet hat, um Syrien zu destabilisieren und die Kurden zu schädigen?
Ziehen die SPD und die Türkei jetzt an einem Strang?
Waren es nicht Großbritannien, Frankreich und die USA, die über die türkische Grenze jahrelang an die Terrorgruppen ISIS & Co. recht offen Waffen und Geld geliefert haben sollen – mit Unterstütztung der türkischen Regierung?
Ist es nicht Saudi-Arabien – der engste Verbündete der USA im arabischen Raum – der im Ruf steht, ISIS-Kämpfer weltweit zu rekrutieren mit dem Versprechen, ISIS-Kämpfer würden monatlich 8000 bis 10.000 Euro verdienen für ihren Kampf „gegen die Ungläubigen“?
Dass eine Flugverbotszone derzeit wieder für Gesprächsstoff sorgt, liegt daran, dass vor wenigen Tagen ein Hilfskonvoi in Syrien angegriffen worden ist mit vielen Toten. Während der Westen mal wieder Russland oder die syrische Assad-Regierung beschuldigt, weisen Russland und die syrische Regierung diese Vorwürfe zurück.
Das Problem: Da politische Lügen zum Standardgeschäft sowohl des Westens, wie Russlands gehören, ist es für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbar, wem nun zu glauben ist. Da hilft nur die alte ZDF-Krimifrage von Oberinspektor Stephan Derrick, jahrelang verkörpert vom verstorbenen Schauspiel Horst Tappert: Wer hatte ein Tat-Motiv?
Wer hatte denn nun ein Motiv den Hilfskonvoi anzugreifen?
Offensichtlich scheint: Ein Motiv, einen Hilfskonvoi der UNO anzugreifen, hatte die Assad-Regierung nicht. Einen strategischen Vorteil hätte sie damit nicht erreicht, im Gegenteil: Sie wäre in der Öffentlichkeit damit in die weitere Defensive geraten. Einen strategischen Vorteil hätte auch Russland nicht.
Nach der westlichen Forderung einer Flugverbotszone könnte man aber sagen: Der einzige, der ein Motiv haben könnte, einen Hilfskonvoi der UNO anzugreifen, könnte der Westen selber sein. Grund: Der Westen erhofft sich mit einer Flugverbotszone strategische Vorteile.
Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der tragische Angriff auf den Hilfskonvoi genauso gut schlicht aus Versehen erfolgt sein könnte – egal durch wen.
In Libyen kennen wir jedenfalls den Ausgang der NATO-„Flugverbotszone“: Neben den 50.000 Toten beklagt Europa seitdem Millionen Flüchtlinge. Sie kommen über die syrische und vor allem libysche Grenze. Gaddafi hatte davor 2011 gewarnt:
Wenn der Westen Libyen mit einer Flugverbotszone in Schutt und Asche lege, kämen Millionen Flüchtlinge über die libysche Grenze nach Europa, da sie dann nicht mehr aufgehalten würden. So sollte es sein.
Die Syrien-Krise hat die USA als Ordnungsmacht stabilisiert, Europa wurde durch die Flüchtlingswellen destabilisiert
Das einzige Land, welches in der bisherigen Syrien-Krise gewonnen hat, sind die USA.
Die Vereinigten Staaten von Amerika seien, stellte Barack Obama in seiner Abschlussrede vor der UNO offen fest, eine Supermacht.
Obama meinte aber auch, die USA seien geschichtlich eine Ausnahme-Supermacht. Grund: Sie seien die einzige Supermacht, die sich permanent reflektiere und damit versuche ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Wenn man Verantwortung als geopolitische Machtkammer bezeichnet, mag das sogar stimmen.
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