Ägyptens Präsident, Dr. Mohammed Mursi, besucht heute die deutsche Hauptstadt Berlin. Auf Grund der anhaltenden Krawalle wolle er jedoch seinen Besuch auf wenige Stunden verkürzen, wird berichtet. Die gewalttätigen Ausschreitungen in Ägypten beruhen vor allem auf einem drastischen Gerichtsurteil, das 20 junge Ägypter, die sich an gewalttätigen Ausschreitungen in einem Fußballstadion beteiligt hatten, zu Tode verurteilt hatte. Das empfinden viele Ägypter als völlig überzogen und mit demokratischen Grundwerten nicht vereinbar.
Auch wenn in der Berliner Bundesregierung und im Bundestag derzeit gerne kräftig Stimmung gegen Ägyptens Präsident Mursi gemacht wird, so wird eines doch vergessen: Ägypten befindet sich in einem langwierigen schwierigen Prozess der Demokratiebildung. Sowohl die staatlichen Institutionen als auch die Bürger müssen erst noch vieles lernen. Forderungen, man müsse Mursi nun „den Marsch blasen“ oder ihm klar eine „Gelbe Karte“ zeigen sind letztlich einfach albern. Das können nur Politiker fordern, die entweder populistisch sind oder schlicht nie in einem arabischen Land waren.
Denn eines muss man Mursi zugestehen: Seine neue ägyptische Verfassung legt zwar den Islam als Staatsdogma fest – was sicherlich problematisch ist, da in Demokratien nach europäischem Vorbild die Trennung zwischen Religion und Staatsmacht gilt – doch muss eines auch gesagt werden: Die neue Verfassung ist besser als ihr Ruf: Sie sichert eindeutig die Demokratie und verbietet Angriffe gegen sie. Sie schützt die Frauen ebenso wie andersgläubige – namentlich Christen oder Juden. Zudem wird Müttern generell eine kostenlose Gesundheitsbehandlung zugesichert und der Analphabetismus soll abgeschafft werden (Übersetzung Verfassung durch kriegsberichterstattung.com).
Mursi ist nicht der Alleinschuldige
Auch sollte nicht vergessen werden: Die derzeitigen gewalttätigen Ausschreitungen konzentrieren sich vor allem auf Kairo. Dort sind hunderttausende junger Menschen arbeitslos. Für sie ist der Protest gegen die Staatsmacht eine Entfesselung von jahrzehntelang verbotener Auflehnung. Man sollte deshalb selbst die Gewalt im Land als integralen Bestandteil der Demokratiebewegung sehen und nicht als das Ende. So wie die Gerichte und Politiker lernen müssen, die Verhältnismäßigkeit in ihren Handlungen zu finden, müssen das auch die Demonstranten.
Derzeit führen die Ausschreitungen vor allem zu einem weiteren Rückgang der so dringend und verzweifelt benötigten Touristen. Der Tourismus trägt zu rund 25 Prozent zum Staatshaushalt bei – wenn hier die Einnahmen fehlen, hat der Staat keine Finanzmittel um Bildung und Demokratie weiter zu entwickeln.
Auch wenn viele Mursi die Schuld an den Zuständen im Land geben, so muss man doch sagen: Den Job den er derzeit innehat, ist eine äußerst schwierige Aufgabe und Herausforderung und es darf bezweifelt werden, dass ein anderer das derzeit alles besser hätte bewältigen können. Deshalb sollte man mit Kritik an Mursi auf seinem Berlin-Besuch sich etwas zurückhalten und eher nach Lösungsansätzen suchen, die die Grundprobleme des Landes helfen zu beseitigen: Zu wenig ausgebildetes staatliches Personal in der Justiz, der Exekutive und Legislative. Zu wenige qualitativ hochwertige Schulen, zu wenig Ehrgeiz auch unter vielen jungen Menschen. So gibt es immer noch zahlreiche junge Taxifahrer in Kairo, die zwar mit Touristen Geld verdienen möchten, aber noch nicht einmal das Wort Pyramide kennen – und deshalb auch kein Geschäft mit ihnen machen.
188
Sehr guter Artikel. Mann muss schon lange suchen um so eine Art Bericht zu finden.
Mann merkt immer wieder das der islam das Problem ist, auch wenn es keiner ist.
Die wollen den islam nicht. Die Angst vor sheria und Kalifat ist zu groß. Denn da musste man die macht an den islam abgeben. 1,5 Milliarden Muslime, wo ihre rechte durch das Kalifat geschützt werden, können einiges in Bewegung setzten.
Demokratie oder andere Ideologien, den Baum bewertet man nach seinem Früchten. Egal wie man es nennt es ist immer das gleiche. Menschen Herschen über Menschen.