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Panorama: USA steuern Drohnen für Tötungen und Morde aus Deutschland / Parlament will Untersuchung / In Stellenanzeigen werden Killer gesucht

VonTom

Jun 1, 2013 #featured

Die USA scheinen illegal und hinter dem Rücken der deutschen Bundesregierung und des deutschen Parlaments von den US-Militärbasen in Ramstein (Ramstein Air Base; Rheinland-Pfalz) und Stuttgart (Baden-Württemberg) im Rahmen ihrer Schaltzentrale, der „AFRICOM“, besonders in Afrika Menschen mit Drohnen (Drones) töten oder ermorden zu lassen. Das berichten das ARD-Magazin PANORAMA (Autoren: S. Buchen, Christian Fuchs, J. Goetz, A. Kempmann, N. Schenck) sowie die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (V. 31. Mai 2013, Seiten 1 und 2; Autoren: Christian Fuchs, John Goetz, Hans Leyendecker). Zahlreiche internationale Berichte gehen davon aus, dass bis zu 3.300 Menschen oder mehr alleine in den vergangenen fünf Jahren durch die USA mit Drohnen umgebracht wurden. Drohnen, also Drones, fliegen vom Radar unerkannt in zehn bis zwölf Kilometern Höhe. Soldaten oder CIA-Mitarbeiter sitzen in Deutschland und den USA und lenken direkt oder indirekt Raketen auf Personen. Die Militärs (beispielsweise aus den USA oder Israel) sprechen von „targeted killings“.

Unter den geschätzt tausenden Menschen, welche die USA in den vergangenen fünf Jahren mit Drohnen haben töten oder ermorden lassen (darunter auch einen Deutschen aus Aachen), sind nach Schätzungen von Menschenrechtlern und von Personen in Staaten, die von Drohnenangriffen betroffen sind, alleine in Pakistan bis zu 93 Prozent Zivilisten (Quelle). Das bestätigte auch ein 21-Jähriger Pakistani aus dem Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan gegenüber dem Antikriegsportal kriegsberichterstattung.com.

Nach Angaben der New America Foundation (einer der wenigen verlässlichen Quellen) seien alleine in Pakistan seit 2003 mindestens 3.336 Bürger mit US-Drohnen in über 330 Angriffen umgebracht worden. Hinzu kommen mindestens 900 Drohnentote im Jemen (Quelle). Offiziell gibt es jedoch keine Zahlen. Das heißt: Das sind lediglich jene, die sich einigermaßen verifizieren lassen (Hintergründe bitte HIER klicken). Zur Anzahl von Drohnentoten in Afrika oder anderen Regionen gibt es derzeit leider überhaupt keine Statistik, auch nicht zur Anzahl der wahrscheinlich tausenden teils schwer Verletzten. Besonders heikel: Fast alle von Drohnenschlägen betroffenen Staaten haben den USA dieses verboten (auch die Regierung von Pakistan). Dennoch ignorieren die USA die Länder-Souveränitäten.

Doch nicht nur in Deutschland sondern auch in den USA selber gerät U.S.-Präsident Barack Obama immer stärker unter Druck. So publizierte beispielsweise Peter Bergen, Nationaler Sicherheitsanalyst des US-Nachrichtensender CNN, einen interessanten Beitrag zum Thema US-Drohnenkrieg. Kurzer Textauszug: „… In fact, of the thousands who have been killed in CIA drone strikes in Pakistan, only 37 were leaders of al Qaeda or affiliated organizations“ (Artikel nachlesen unter: CNN: 9 myths about drones and Guantanamo).

Das ARD-Magazin PANORAMA berichtet nun gemeinsam mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG , wonach in Deutschland Ramstein und Stuttgart zu den wohl wichtigsten europäischen Schaltzentralen im Rahmen des Drohnenprogramms der U.S. ausgebaut wurden und wohl drastisch weiter ausgebaut werden sollen.

Von deutschen Grund und Boden aus würden Angriffe auf alle möglichen afrikanischen Staaten geflogen und Tötungen befohlen, welche dann in Kooperation mit Kollegen aus den USA durchgeführt würden. Genannt werden in einer Anzeige der SAIC (wahrscheinlich für die CIA) auf dem Portal http://intelligencecareers.com/ folgende Staaten: Algeria, Libya, Tunisia, Mali, Mauritania, Senegal, Morocco, Burkina Faso, Niger, Nigeria und Chad (also Algerien, Libyen, Tunesien, Mali, Mauretanien, Senegal, Maroccao, Burkina Faso, Niger, Nigeria und der Tschad). Die SAIC (saic.com) ist nach eigener Beschreibung folgende Organisation:

„SAIC is a FORTUNE 500® scientific, engineering, and technology applications company that uses its deep domain knowledge to solve problems of vital importance to the nation and the world, in national security, energy & environment, health and cybersecurity. The company’s approximately 41,000 employees serve customers in the U.S. Department of Defense, the intelligence community, the U.S. Department of Homeland Security, other U.S. Government civil agencies and selected commercial markets. Headquartered in McLean, Va., SAIC had annual revenues of approximately $10.6 billion for its fiscal year ended January 31, 2012.“

Sucht SAIC für die USA auf öffentlichem Jobportal Killer für die US-Militärs?

In einer auf http://intelligencecareers.com/ für das Military der U.S. geschalteten Job-Anzeige für Berlin und die Ramstein Air Base schreiben die US-Militärs aktuell etwas verklausuliert, sie suchten einen „All Source Analyst“ mit 100-prozentiger Rund-um-die-Uhr-Reisebereitschaft. Die Aufgabe des Gesuchten: Man solle Feinde ausfindig machen, die letztlich wohl mit Drohnen getötet werden sollen. Textauszug v. 1. Juni 2013 (Quelle: http://intelligencecareers.com/jobs/jobview.cfm?jobid=6597420&refsrc=IJobs_Germany):

„…. PRIMARY RESPONSIBILITIES: The analyst work site shall normally be in Stuttgart, Germany; however, they may be required to travel within Europe. Personnel shall be available for frequent and immediate travel to perform intelligence analysis in support of U.S. Government missions within the OEF-TS AOR (Algeria, Libya, Tunisia, Mali, Mauritania, Senegal, Morocco, Burkina Faso, Niger, Nigeria, and Chad). The contractor shall conduct detailed all source intelligence analysis and prepare Target Intelligence Packets (TIP) using systems ranging from Open Source Intelligence (OSINT) to Top Secret- Sensitive Compartmented Information (TS-SCI) for target areas identified and required by the COR.

The packets shall include, SIGINT, HUMINT, GEOINT and all other relevant resources in relation to target and overall enemy threat. The packets shall also include link analysis of individual target and overall threat. Once a mission is complete the contractor shall link after action reports and mission reports, incorporating this information in to the TIPS supporting the Find, Fix, Finish, Exploit and Analyze model….“

Ulrich Scholz, Oberstleutnant a.D.: „Das ist wie auf dem Raumschiff Enterprise“

Ulrich Scholz, Oberstleutnant a.D. schildert in der ARD-Sendung Panorama wie man in der Drohnen-Kill-Kommandozentrale in Ramstein wahrscheinlich arbeite: „In Ramstein (http://www.ramstein.af.mil/), im AOC-Room sitzen Leute, die nichts anderes machen, die minutiös das überwachen, was gerade fliegt und was schießt und welche Bilder kommen und wir haben Echtzeit. Die sitzen da wie im Rauschiff Enterprise und sehen… wer wo ist und wer wann wo schießt.“ Unter AOC versteht man einen Air Operations Center.

Clara Gutteridge, eine Britin, die Angehörige von Drohnen-Opfern betreut (https://twitter.com/GutteridgeClara), wirft in dem Panorama-Beitrag der ARD den USA vor, dass sie statt verdächtige Personen vor Gericht zu stellen, diese in einer Art Eil-Verfahren diese einfach exekutiere und hinrichte.

Prof.Thilo Marauhn, Völkerrechtler: “ Das ist im Zweifelsfall Tötung oder Mord“

Ähnlich kritisch sieht das in dem Beitrag über den Drohnenkriegs der USA, der Univ.-Prof. Dr. Thilo Marauhn, welcher eine Professur für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht an der Universität Gießen innehat. Die ARD-Sendung PANORAMA zitiert ihn mit den Worten: „Die Tötung eines Terrorverdächtigen mit Hilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konfliktes kann, wenn die Bundesrepublik (Deutschland) davon weiß, die Bundesregierung davon weiß, und nicht dagegen protestiert, Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein…. Das ist im Zweifelsfall Tötung oder Mord und man müsste dann eben überlegen ob entsprechenden Strafverfolgungsmaßnahmen ergriffen werden… das eine Sache für den Staatsanwalt ist.“

Gegenüber der ARD-Sendung PANORAMA erklärte die Bundesregierung, man habe (bislang) angeblich keine Erkenntnisse über das Drohnen-Kill-Programm der USA in Deutschland. PANORAMA stellt in dem rund zehnminütigen Beitrag die Frage: „Hat sich die Bundesregierung um solche Informationen bemüht?“ Vor allem wenn man sich Stellenanzeigen der CIA für Deutschland auf dem Karriereportal http://intelligencecareers.com/ durchliest, sind Zweifel an der These „Wir hören und sehen nichts von Drohnentötungen“, zumindest angebracht.

Gleichzeitig weist jedoch die Regierung Deutschlands darauf hin, dass Aktionen, beziehungsweise militärischen Einsätze, die völkerrechtswidrig sind, nicht von deutschem Boden durchgeführt oder geplant werden dürften. Das gelte auch für die Militärs der USA.

Wolfgang Neskovic, Abgeordneter Deutscher Bundestag: „Diese Hinrichtungsaktionen der Amerikaner sind völkerrechtswidrig“

Deutlich geht auch Wolfgang Neskovic, deutscher Bundestagsabgeordneter für die Partei DIE LINKE in der ARD mit dem von Deutschland aus geführtem Drohnenkrieg der USA ins Gericht. So zitiert ihn PANORAMA mit den Worten: „Diese Hinrichtungsaktionen der Amerikaner sind völkerrechtswidrig. Sie verdächtigen jemanden und nur weil sie jemanden verdächtigen, töten sie, richtigen sie hin, ohne eine Gerichtsverhandlung. Das ist mit unserem Strafrecht unvereinbar und wenn dann solche Aktionen von deutschem Boden unterstützt werden, die diese Tötungen ermöglichen, dann findet diese Straftat auf deutschem Boden statt.“

Omid Nouripour, Abgeordneter der GRÜNEN im Deutschen Bundestag: „… Notfalls den USA untersagen, dass sie weiterhin extralegale Tötungen über Deutschland organisieren…“

Omid Nouripour, Abgeordneter der GRÜNEN im Deutschen Bundestag, sagt ebenfalls gegenüber PANORAMA: „Die Bundesregierung hätte das nie erlauben dürfen. Muss nun vor allem informieren und sollte dringendst die Amerikaner darauf hinweisen, darauf drängen, und notfalls es ihnen untersagen, dass sie weiterhin extralegale Tötungen über Deutschland organisiert.“ Unter einer extralegale Tötung (en: extra-judicial execution) versteht man laut wikipedia „eine willkürliche und vorsätzliche Tötung eines Menschen, meistens ausgeführt auf Anordnung, unter Beteiligung oder mit Duldung von Regierungen, ohne dass ein ordentliches Gericht eine Todesstrafe verhängt oder die Hinrichtung angeordnet hat.“ Deshalb gebe es bereits seit 1982 in der UNO einen Berichterstatter für extralegale, summarische und willkürlichen Hinrichtungen.

Die ARD-Sendung PANORAMA weist darauf hin, wonach sich bei der Gründung von AFRICOM, also der Killer-Zentrale der US-Militärs, zwölf afrikanische Staaten geweigert hätten, eine solche völkerrechtswidrige Killer- und Mordzentrale der USA auf afrikanischem Boden zu dulden. Die deutsche Bundesregierung – damals eine große Koalition aus CDU und SPD – hätte es aber vor sechs Jahren, also 2007, erlaubt.

Der TV-Beitrag „US-Drohnenkrieg läuft über Deutschland“ von PANORAMA kann in der ARD-Mediathek unter folgendem Link angeschaut werden: http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/310918_panorama/14979308_us-drohnenkrieg-laeuft-ueber-deutschland

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Von Tom

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