Es liest sich wie aus einem schlechten Roman, doch es ist die Realität: Der robust agierende amerikanische Militärgeheimdienst CIA könnte auch in Sprengstoff-Attentate involviert sein. Anders kann man das, was derzeit rund um neue Wikileaks-Veröffentlichungen an die Öffentlichkeit geht, kaum interpretieren.
Auf 14 PDF-Seiten gibt die CIA ihren soldatischen „Agenten“ Tipps, wie sie sich mit falscher Identität an Sicherheitsbeamten an Flughäfen oder sonstigen wichtigen Sicherheits- oder Grenzkontrollen vorbeimogeln können. Das machte nun die Webseite Wikileaks publik:
Relativ harmlos sind die Tipps, wonach die CIA-Leute an Grenzkontrollen möglichst unauffällig sich verhalten sollten und auch unauffällig – aber nicht zu unauffällig – kleiden sollten, um auch mit gefälschten Ausweispapieren illegal über eine Grenze zu kommen. Weniger lustig wird es, wenn man beim Lesen des Dokuments den Eindruck gewinnt, wonach CIA-Leute direkt in Sprengstoff-Attentate verwickelt sein könnten:
Zumindest kann eine Involvierung in Sprengstoff-Attentate nicht ausgeschlossen werden, wenn man in dem CIA-Leitfaden liest, welche Ausreden man präsentieren könne, falls man in seinem Gepäck noch Sprengstoff-Spuren aufweise und diese von den Sicherheitsbeamten gefunden würden.
Jedenfalls schildert der CIA-Leitfaden für unauffälliges Reisen („Surviving Secondary. An Identity Threat Assessment of Secondary Screening Procedures at International Airports“; September 2011″), folgende Szene:
„Als Beamte die Tasche des Offiziers (am Flughafen) nach Spuren von Sprengstoff durchsuchten, fiel dieser Test positiv aus, obwohl der Offizier umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen getätigt hatte. Als Antwort auf die Frage, warum er Sprengstoffspuren in seinem Gepäck habe, gab der CIA-Offizier die Geschichte zum Besten, wonach er an einem Training gegen Terrorismus in Washington D.C. gewesen sei. Obwohl es Sprachschwierigkeiten gab, konnten die lokalen Sicherheitskräfte überzeugt werden und er konnte seinen Flug umbuchen und weiter reisen.“
Im original englisch-sprachigen CIA-Leitfaden heißt es:
„When officials swiped the officer’s bag for traces of explosives, it tested positive, despite the officer’s extensive precautions. In response to questioning, the CIA officer gave the cover story that he had been in counterterrorism training in Washington, DC. Although language difficulties led the local security officials to conclude that the traveler was being evasive and had trained in a terrorist camp, the CIA officer consistently maintained his cover story. Eventually, the security officials allowed him to rebook his flight and continue on his way.“
Wikileaks sagte angesichts dieser Passage, dass man sich die Frage stelle, warum jemand, der behauptet, an einer Antiterror-Ausbildung dabei gewesen zu sein, in seinem Gepäck tatsächlich Sprengstoffspuren aufweise und warum er damit an einem europäischen Flughafen einfach weiterreisen hätte dürfen.
Die von der Enthüllungsplattform Wikileaks am Sonntag veröffentlichten CIA-Dokumente des militärisch operierenden US-Geheimdienstes CIA (der auch in der Ukraine aktiv ist), sind als Geheimsache deklariert und aus den Jahren 2011 und 2012. Die Unterlagen sind als „NOFORN“ gekennzeichnet, was für „No Foreigners“, also keine Ausländer, steht.
Konkret geht es um zahlreiche Strategien, die ein amerikanischer CIA-Mitarbeiter nutzen soll, um bei internationalen Grenzübergängen, wie an Flughäfen, auch eine zweite Überprüfung durch Sicherheitspersonal zu überstehen.
Laut Wikileaks-Gründer Julian Assange zeigten die nun veröffentlichten CIA-Geheim-Dokumente, dass die CIA auch unter Präsident Barack Obama weiterhin „Geheimoperationen in EU-Mitgliedstaaten“ ausführe.
Kommentar: Können wir den USA noch als Ordnungsmacht vertrauen?
Wir vom Antikriegsportal kriegsberichterstattung.com haben selber jahrelang an die Wichtigkeit der USA als „Welt“-Polizist, auch als wichtige Ordnungsmacht geglaubt. Der offene Umgang mit der CIA-Folter an Terrorverdächtigen zeigt uns zudem, dass die USA immer noch eine lebendige Demokratie mit Werten sind. Eine Demokratie, die niemand, der Freiheit liebt, auf der Welt missen möchte.
Doch wir stellen auch fest, dass die USA bislang keinen der Folter-Täter strafrechtlich belangt hat. Verurteilt wurden bislang nur drei US-Bürger, die die Foltermethoden der USA aufgedeckt haben – darunter ist der ehemalige US-Soldat Chelsea Manning, der zu einer lebenslangen Haftstrafe (35 Jahre) verurteilt wurde und heute der US-Army vorwirft, diese habe ihn (beziehungsweise heute sie) ebenfalls gefoltert.
Ebenso hören die USA nicht auf einen wichtigen Bürgerrechtler wie Edward Snowden mit lebenslanger Haft zu bedrohen.
All das zeigt uns: In den USA gibt es eine Kluft zwischen Bürgern und einem Staat, der immer mehr von eigenen einstigen Idealen weg driftet. Auch wenn wir wissen, wie wichtig es ist, dass Geheimdienste Terrorverdächtige aufdecken und entsprechend geheim in Ländern operieren müssen, so hört für uns der Spaß doch auf, wenn wir den Eindruck bekommen, dass die CIA auch in Sprengstoffattentate verwickelt sein könnte.
Dabei möchten wir noch nicht einmal abstreiten, dass im Sinne unserer eigenen Sicherheit gegen bestimmte Leute auf der Welt robust militärisch vorgegangen werden muss, wozu auch Sprengstoff-Einsatz gehören kann.
Dennoch ist nicht klar und wir bezweifeln das mittlerweile auch, dass die CIA alles nur für den guten Zweck macht. So gibt es Gerüchte, dass die CIA vorsätzlich im Ausland Konfliktherde durch Anschläge schürt, um bestimmten unliebsamen Regierungen zu schaden.
Sollte die CIA tatsächlich Sprengstoff nicht nur dazu nutzen, um gegen Gruppen wie IS vorzugehen, sondern direkt in Sprengstoff-Attentate verwickelt sein, die vor allem geopolitische Strategien der US-Außenpolitik im Fokus haben, so wäre das politisch und rechtlich hoch problematisch.
Auch müsste man die Frage dringend klären: In welchen Ländern verübt denn die CIA mit welchen Motiven solche Sprengstoff-Attentate? Gehört zum Beispiel die Ukraine dazu oder die islamische Welt, möglicherweise sogar auch die europäische Welt? Können wir den USA noch vertrauen als Garant für Frieden, Freiheit, Sicherheit oder sind Teile unseres Vorbildes USA nicht selbst in Terror verwickelt? All dies beunruhigt uns:
Deshalb haben wir uns entschieden, das von Wikileaks zur Verfügung gestellte Dokument sehr genau anzuschauen und wir werden Teile davon als Bestandteil der unabwendbaren öffentlichen Diskussion in Deutsch in den nächsten Tagen zur Verfügung stellen.
Dabei sind wir uns unserer Verantwortung bewusst, wissen aber auch, dass zum jetzigen Zeitpunkt die PDF von Wikileaks sowieso in auch nicht gute Hände gelangt, weshalb eine Publikmachung zu mehr und nicht zu weniger Sicherheit für alle führen wird, die Freiheit lieben und die für den Erhalt ihrer Demokratien kämpfen. zum Wikileaks-Dokument hier klicken.